Europa:Milde Abgastests

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Als hätte der VW-Skandal nicht gerade erst stattgefunden: Die EU-Staaten weichen die Regeln für die Abgaswerte von Autos auf. Von 2017 an dürfen neue Fahrzeuge einen um 110 Prozent höheren Wert bei Stickstoffoxiden aufweisen.

Von alexander mühlauer, Brüssel

Die EU-Staaten haben die neuen Regeln für Abgastests von Autos deutlich aufgeweicht. Trotz VW-Skandals beschloss der dafür zuständige Technische Ausschuss Kraftfahrzeuge äußerst milde Vorschriften. So dürfen die Abweichungen bei Schadstofftests auf der Straße gegenüber den Laborwerten fast doppelt so hoch ausfallen wie von der EU-Kommission gefordert. Mit den sogenannten Real-Driving-Emission-Tests sollen von 2017 an Ergebnisse unter realistischen Fahrbedingungen erzielt und Manipulationsversuche verhindert werden.

Der ausgehandelte Kompromiss hat mit den ursprünglichen Forderungen der Kommission nur noch wenig zu tun. Die Brüsseler Behörde hatte geplant, dass die Straßenmesswerte bei Stickstoffoxiden die vorgeschriebene Grenze von 80 Milligramm pro Kilometer im Vergleich zu den Laborwerten um 60 Prozent überschreiten dürfen. Dies sei ein ehrgeiziger, aber realistischer Plan, hatte die Kommission vor den Verhandlungen am Mittwoch erklärt. Nun sehen die neuen Werte aber so aus: Von 2017 an dürfen neue Fahrzeuge einen um 110 Prozent höheren Wert bei Stickstoffoxiden aufweisen. Erst von 2020 an soll die Grenze auf 50 Prozent sinken.

Die Grünen im Europaparlament kritisierten die Entscheidung scharf. "Allen voran die deutsche Bundesregierung hat offenbar nichts aus dem Abgas-Skandal von Volkswagen gelernt", sagte die Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Rebecca Harms. Europäische Autohersteller würden dafür belohnt, keine Anstrengungen zur Einhaltung der EU-Regeln und Verbesserung ihrer Fahrzeuge zu unternehmen.

EU-Kreisen zufolge hatten sich besonders Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien für laxere Regeln eingesetzt. Der Europäischen Kommission blieb am Ende nichts anderes übrig als auf einen positiven Punkt des Beschlusses zu verweisen. "Die EU ist die erste und einzige Region der Welt wo diese robusten Testmethoden gelten", sagte Industriekommissarin Elżbieta Bieńkowska. Im Lichte des VW-Skandals arbeitet die Behörde noch an weiteren Gesetzesänderungen. So sollen etwa die Rückrufsysteme vereinheitlicht und der Informationsaustausch zwischen den nationalen Zulassungsstellen gestärkt werden.

© SZ vom 29.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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