Europa:Draghis großer Wunsch

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Mario Draghi ließ zählen: Seit er 2011 EZB-Präsident wurde, verstrich keine Pressekonferenz ohne die Forderung nach strukturellen Reformen. (Foto: Francois Lenoir/Reuters)

Der EZB-Präsident fordert auf einer Notenbankkonferenz in Portugal wirtschaftspolitische Reformen. Nur so lasse sich die Arbeitslosigkeit senken.

Von Markus Zydra, Sintra

Es gehört zum politischen Geschäft, der Öffentlichkeit wichtige Dinge immer wieder aufs Neue zu servieren. Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), hat in den letzten Jahren bei einem ganz bestimmten Thema eine beeindruckende Penetranz an den Tag gelegt. Wann immer sich die Gelegenheit bot, hat der Italiener die Regierungen der Eurozone dazu aufgefordert, endlich wirtschaftspolitische Reformen umzusetzen.

Der Umstand, dass Draghi die prominent besetzte EZB-Notenbankkonferenz in der portugiesischen Stadt Sintra dazu nutzt, den Ruf nach "strukturellen Reformen" abermals abzusetzen, gibt einen Eindruck davon, wie sehr den Italiener die Trägheit vieler Politiker schmerzt. "Ohne Reformen fällt das Wachstum in Europa geringer aus. Die hohe Arbeitslosigkeit verfestigt sich", sagte Draghi am Freitag. "Wenn die Staaten wirtschaftspolitische Reformen gemeinsam umsetzen, profitieren alle. Je früher das geschieht, desto besser", so Draghi.

Die EZB hat nach 2014 zum zweiten Mal Notenbanker und Wissenschaftler aus aller Welt in die alten Gemäuer der Klosteranlage Penha Longa eingeladen. Sintra, rund 30 Kilometer westlich von Lissabon, liegt in einer verwunschenen Hügellandschaft mit vielen Palästen früherer Könige. Das Unesco-Welterbe soll bis 2018 einmal im Jahr Bühne sein für den Gedankenaustausch der geldpolitischen Eliten. Die EZB konkurriert mit dem Treffen im amerikanischen Jackson Hole, wo sich die Spitzen der US-Notenbank Fed und anderer Zentralbanken jedes Jahr austauschen.

Draghi ist überzeugt davon, dass die Aussichten für die wirtschaftliche Entwicklung der Währungsunion so gut sind wie seit sieben Jahren nicht mehr. Doch die Erholung allein werde weder Schuldenprobleme lösen noch hohe Arbeitslosigkeit reduzieren. Daher seine Forderung an die Politik.

Derzeit gebe es fast "perfekte Bedingungen", um die Anstrengungen zu forcieren, sagte Draghi. Der ehemalige US-Finanzminister Larry Summers beschwor dagegen die Gefahr, dass Europa ein Zeitalter ohne Wirtschaftswachstum drohen könnte. "Es wird seit langem mehr gespart als investiert. Dadurch verlangsamt sich das Wachstum und die Arbeitslosigkeit bleibt hoch", sagte der Professor.

© SZ vom 23.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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