Deutsche Wirtschaft in der Euro-Krise:Ganz schön dreist, diese Manager

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Konzernchefs von Siemens bis zur Allianz wollen, dass der Euro gerettet wird - aber gefälligst ohne ihre Hilfe. In der Währungskrise müssten alle zusammenstehen, doch die Wirtschaft versagt moralisch. Sie will Gewinn machen, ohne für Risiken zu haften.

Alexander Hagelüken

Eigentum verpflichtet, fordert das Grundgesetz. Wer in der Bundesrepublik produziert und verdient, hat demnach andere Aufgaben als nur die Gewinnmaximierung allein. Doch einige deutsche Manager verhalten sich ganz anders. Seit die Welt durch irre Spekulationen in die Finanzkrise rutschte, rufen die Bosse den Staat zur Hilfe. Wenn sie dagegen selbst helfen könnten, halten sich die Herren vornehm zurück. Der Steuerzahler soll es richten, und zwar allein. Genau das verlangen die Manager jetzt auch in der Euro-Krise.

Geht der Euro unter, schadet dass auch deutschen Konzernen. (Foto: dpa)

In einer Anzeigenkampagne sprechen sich Konzernlenker von der Allianz über die Deutsche Bank bis zu Siemens für die Rettung der Währungsunion aus. Das ist verständlich, denn die deutsche Wirtschaft profitiert wie keine andere davon, dass der Euro die Handelsgrenzen niederwalzt. Dessen Rettung werde "viele Milliarden Euro kosten", schreiben die Herren, aber der Euro sei diesen Einsatz allemal wert. Beschämend nur, dass sie selbst jeden Einsatz für Griechenland und andere marode Staaten verweigern.

Just an dem Tag der Anzeige lehnten die deutschen Banken einen Schuldenerlass für Athen ab - es sei denn, so die dreiste Forderung, der Staat nehme ihnen das Risiko ab. Dabei gilt in der Marktwirtschaft, auf die sich die Manager sonst stets berufen, ein einfacher Grundsatz: Wer investiert, kassiert die Gewinne, aber er haftet auch für die Risiken. Statt zu fordern, sollten die Banken dankbar sein, dass die Euro-Staaten bisher eine Pleite Griechenlands verhinderten. Dann wären ihre Anleihen nämlich null Euro wert.

Gewinne privatisieren, Risiken sozialisieren: Diese Haltung zieht sich durch viele Aktionen der Konzerne seit der Finanzkrise. Als der Staat Commerzbank, Hypo Real Estate und Co. rettete, ließen die reichen Geldhäuser den Steuerzahler nahezu allein auf den Kosten sitzen. Besonders peinlich war das im Fall des Großversicherers Allianz, der seine Tochter Dresdner kurz zuvor bei der Commerzbank abgeladen hatte, was die Bank in der Krise kollabieren ließ.

Wenig wert war auch die Zusage deutscher Geldhäuser vor einem Jahr, sie würden ihre Staatsanleihen halten, um das angeschlagene Griechenland zu stabilisieren: Anders als versprochen, verkauften die Banken viele Papiere. Statt mit ihren Mitteln zu helfen, verlangen deutsche Firmen noch mehr Geld vom Staat; wie der Handel, der für die Folgen des Ehec-Bakteriums Entschädigung fordert.

Die Währungsunion hat den Deutschen tatsächlich viel gebracht. Sie ist einigen Einsatz wert. Der wird die Steuerzahler Hunderte Milliarden an Krediten kosten, die wahrscheinlich zurückfließen, vielleicht aber auch nicht. Diese Opfer könnten die Bürger immer öfter verweigern, wenn sie sehen, wie sich die Konzernlenker aus der Affäre ziehen. Bei der Rettung des Euro sollten alle zusammenstehen, doch die Wirtschaft versagt moralisch. Ganz so, als heiße es im Grundgesetz: Eigentum erdreistet.

© SZ vom 22.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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