EU:Vietnam stimmt Freihandel zu

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Näherin in einer Textilfabrik in Hanoi: Kritiker beklagen Menschenrechtsverletzungen in Vietnam. (Foto: REUTERS)

Der EU-Vertrag mit dem asiatischen Land ist der umfassendste seiner Art, doch es gibt Kritik.

Von Björn Finke, Brüssel

Alle waren dafür: Die Nationalversammlung in Hanoi, das Parlament der Sozialistischen Republik Vietnam, hat am Montag dem Handelsvertrag mit der EU zugestimmt - ohne Gegenstimme. Es ist das umfassendste Handelsabkommen, das die EU bislang mit einem Schwellenland abgeschlossen hat und erst das zweite in Südostasien. Da das Europaparlament den Vertrag bereits im Februar gebilligt hat, kann er Anfang August in Kraft treten. Zunächst werden etwa zwei Drittel aller Zölle gestrichen, nach sieben bis zehn Jahren sollen nahezu sämtliche Güter befreit sein.

Im EU-Parlament gab es damals 192 Gegenstimmen. So lehnen die Grünen den Vertrag ab. "Die Abstimmung im Europaparlament gab einen Freifahrtschein für die vietnamesische Regierung", klagte die handelspolitische Sprecherin der europäischen Grünen, Anna Cavazzini, am Montag. "Viele Menschenrechtsgruppen und wir hatten einen Aufschub der Ratifizierung gefordert, bis die Regierung das repressive Strafrecht reformiert." Bernd Lange, der Vorsitzende des Handelsausschusses, verwies hingegen darauf, dass der Vertrag Sozial- und Umweltstandards enthalte und die Regierung in Hanoi deswegen zum Beispiel das Arbeitsrecht modernisiere. "Ohne das Handelsabkommen mit der EU hätte es in Vietnam keine umfassende Arbeitsrechtsreform gegeben", sagte der SPD-Abgeordnete. Es gehe um "Wandel durch Annäherung".

Lange betonte auch die strategische Bedeutung: "Wir machen mit diesem Abkommen die EU zu einem wichtigen Akteur in Vietnam und bieten eine Alternative zu einer einseitigen Abhängigkeit von China."

Insgesamt hat die EU 42 Freihandelsverträge mit 73 Ländern abgeschlossen. Sie kappen Zölle, vereinfachen Exporte für Firmen und vergrößern die Auswahl für Verbraucher. Trotzdem wächst die Kritik an solchen Abkommen, etwa an dem Vertrag, den die EU-Kommission mit dem Mercosur unterzeichnen will. Zu diesem Wirtschaftsblock gehören Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay. Erst vorige Woche verabschiedete das niederländische Parlament eine Forderung an seine Regierung, das Abkommen zu blockieren. Skeptiker befürchten, der Abbau von Zöllen könnte dazu führen, dass mehr Amazonasgebiete brandgerodet werden, um Rinderweiden zu schaffen.

© SZ vom 09.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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