EU-Richtlinie:Umweltvorgaben auf der Kippe

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Eigentlich sollte die Brüsseler Vorgabe schon umgesetzt sein. Aber die Koalition streitet noch über die schärferen Regeln.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Ob eine Autobahn oder eine Fabrikhalle die Umwelt belastet, ob sie seltene Arten bedroht oder geschützte Gewässer, ob sie Lärm verursacht oder die Luft verpestet - all das klärt hierzulande die "Umweltverträglichkeitsprüfung". Wer je ein großes Bauprojekt verfolgt oder dagegen gekämpft hat, dem ist diese "UVP" eine alte Bekannte. So alt, dass die EU sie modernisieren will, schon seit drei Jahren. Damals erließ Brüssel eine neue Richtlinie, sie sollte vor allem die Rechte der Öffentlichkeit stärken. Per Internet soll sie künftig von geplanten Vorhaben erfahren, das ganze Verfahren soll transparenter werden, die Fristen zum Teil etwas länger.

Eine Frist allerdings ist diese Woche verstrichen: der 16. Mai. Bis zu diesem Datum sollten die Mitgliedstaaten die EU-Richtlinie in nationales Recht umsetzen. Fieberhaft hatten auch Abgeordnete der Koalition daran gearbeitet: Diesen Mittwoch sollte das Gesetz in die Ausschüsse, am Freitag in den Bundestag, Anfang Juni durch den Bundesrat. Eine kleine Verzögerung, so kalkulierten Regierung und Parlament, werde die EU-Kommission schon schlucken.

Doch aus dem Zeitplan wird nichts. Kein Ausschuss befasste sich damit am Mittwoch, folglich kann auch kein Bundestag darüber entscheiden. Denn Union und SPD werden nicht eins. So steht ein CSU-Vorschlag im Raum, mit dem bestimmte Betriebe ihre Vorhaben nicht einer Umweltprüfung unterziehen lassen müssen, wenn sie am europäischen Umwelt-Managementsystem Emas teilnehmen. Die SPD lehnt das kategorisch ab. Streit gibt es auch über das Ausmaß der Transparenz: Die Union möchte verhindern, dass über die "UVP" Geschäftsgeheimnisse an die Öffentlichkeit gelangen. Auch Bezüge zum Klimaschutz gehen der Union zu weit. Es dränge sich der Eindruck auf, so schrieb Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) am Mittwoch an Unions-Fraktionschef Volker Kauder, "dass hier elementare Umweltstandards in Frage gestellt werden". Inhaltlich seien viele der Änderungswünsche "wenig nachvollziehbar".

Damit droht das Gesetz in den aufziehenden Wahlkampf zu geraten. Drei Sitzungswochen bleiben noch für die Verabschiedung, und über allem schweben drohende Zwangsgelder wegen einer Verletzung der EU-Verträge. Diesen Freitag wollen die Berichterstatter von Union und SPD noch einen Anlauf nehmen. Vielleicht den letzten.

© SZ vom 18.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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