Europäische Union:Recht auf Reparatur

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Reparieren statt wegwerfen. Reparieren soll einfacher und billiger werden, so will es zumindest das Europaparlament. (Foto: Horst Galuschka/imago)

Das EU-Parlament will Verbrauchern das Leben erleichtern. Durch Gesetze und Initiativen sollen Produkte nachhaltiger werden.

Von Björn Finke, Brüssel

Ist die Handybatterie ausgelaugt, muss oft ein neues Telefon her, denn der Austausch des Akkus ist teuer und kompliziert. Nach dem Willen des Europaparlaments werden solche und ähnliche Ärgernisse bei Geräten bald der Vergangenheit angehören: Die Abgeordneten debattierten am Montag über Forderungen an die EU-Kommission, wie diese mit Gesetzen und Initiativen Produkte nachhaltiger machen soll. Unter anderem sieht die Beschlussvorlage ein "Recht auf Reparatur" vor. Reparieren soll einfacher und billiger werden - etwa dadurch, dass Hersteller Kunden und Handwerkern alle nötigen Informationen für den Austausch von Teilen liefern und sich verpflichten, Ersatzteile lange genug vorzuhalten.

Daneben spricht sich die Vorlage dafür aus, dass Verbraucher schon beim Kauf Angaben darüber erhalten, welche Mängel wie häufig auftreten und wie teuer die Reparatur ist. Und geplante Obsoleszenz soll zur unfairen Handelspraktik erklärt und somit verboten werden. Der Begriff beschreibt den Trick, bei Produkten Macken einzubauen, damit sie nicht so lang halten - am besten bis kurz nach Ende des Garantiezeitraums - und der Kunde ein neues kaufen muss. Allerdings sind diese Forderungen unter den Abgeordneten umstritten; die finale Abstimmung findet an diesem Mittwoch statt. Anna Cavazzini, die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses, sagt, das Handy zu reparieren statt es wegzuwerfen schone Klima, Rohstoffe und den Geldbeutel. "Es ist höchste Zeit, dass die EU Vorgaben zur Langlebigkeit und Reparierbarkeit von Produkten macht", ergänzt die Grünen-Abgeordnete.

Auch die Richtlinie über Produktsicherheit soll modernisiert werden

Die Parlamentarier diskutierten am Montag noch ein zweites Forderungspaket, das für Verbraucher interessant ist: Die EU-Kommission will Anfang kommenden Jahres Vorschläge präsentieren, um die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit zu modernisieren. Das Gesetz soll Kunden vor gefährlichen Waren schützen, ist jedoch fast zwanzig Jahre alt und spiegelt daher nicht den Boom des Online-Handels oder die Entwicklung vernetzter Produkte wider. Die Abgeordneten haben sich bereits Gedanken gemacht, was sie in dem neuen Rechtsakt lesen wollen. Unter anderem verlangen die Politiker, dass Internet-Marktplätze künftig prüfen müssen, ob Waren in der EU-Datenbank für gefährliche Produkte stehen, bevor sie auf der Webseite angeboten werden.

Die Online-Plattformen sollen sich auch austauschen, damit heikle Waren, die auf einer Seite gebannt wurden, nicht später bei einer anderen auftauchen. "Das ist heute leider oft der Fall", sagt die CDU-Europaabgeordnete Marion Walsmann, die für die Beschlussvorlage verantwortlich ist. Ein zusätzliches Problem ist, dass viele Kunden von Produktrückrufen nichts erfahren - oder sie ignorieren. Die EU-Kommission schätzt, dass jeder dritte Bürger, der von einem Rückruf weiß, das entsprechende Produkt trotzdem weiter nutzt. Um Abhilfe zu schaffen, fordert Walsmann klare Vorgaben, wie Rückrufe aussehen und verbreitet werden. Zudem beklagt sie, dass es für Verbraucher schwierig sei, sich in der online verfügbaren EU-Datenbank für unsichere Waren zurechtzufinden: "Ich selbst habe da Mühe gehabt."

Die Abgeordneten bemängeln auch, die nationalen Kontrollbehörden hätten zu wenig Geld und Personal - ein Vorwurf, den Business Europe teilt. Dieser Brüsseler Dachverband der Unternehmerorganisationen steht nicht im Verdacht, regulierungswütig zu sein, sieht aber genau wie die Parlamentarier Defizite. Die Politiker fordern außerdem, dass die neue Richtlinie Risiken durch künstliche Intelligenz und die Vernetzung der Geräte berücksichtigen muss. Wichtig seien Vorschriften zum Schutz gegen Hackerangriffe - und dagegen, dass Produkte mit selbstlernender KI-Software sich aus Versehen so weiterentwickeln, dass sie dem Käufer am Ende schaden.

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