EU-Politik:"Wir sind nicht im Krieg mit Italien"

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Kommissionspräsident Juncker und Ministerpräsident Conte suchen nach Lösungen im Haushaltsstreit.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Im Streit über die Haushaltspläne der italienischen Regierung hofft Ministerpräsident Guiseppe Conte, dass seinem Land ein Defizitverfahren erspart bleibt. Er sei zuversichtlich, dass ein Dialog mit Brüssel dazu führen könne, Sanktionen zu vermeiden, sagte er nach einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Samstagabend. Auf die Frage, welche Zugeständnisse Italien in Erwägung ziehe, erklärte Conte lediglich, dass er "selbstverständlich keine Abkehr" von den vereinbarten Reformen des Regierungsprogramms angeboten habe. Juncker sagte am Rande des Brexit-Sondergipfels am Sonntag, dass er gegenüber Conte sehr klargemacht habe, "dass wir uns nicht im Krieg mit Italien befinden". Man habe vereinbart, "im permanenten Dialog" zu bleiben, um die Differenzen zwischen Rom und Brüssel zu verringern. Italien sei Teil seiner persönlichen Lebensgeschichte, sagte Juncker und fügte hinzu: "Ti amo Italia."

Die EU-Kommission hatte in der vergangenen Woche den italienischen Haushaltsplan für das Jahr 2019 endgültig zurückgewiesen. Aus Sicht der Brüsseler Behörde verstößt der Budgetentwurf gegen die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Italien plagt ein Schuldenberg von 2,3 Billionen Euro, was mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht. Zulässig sind gemäß den EU-Regeln höchstens 60 Prozent.

Rom müsste die Verschuldung deshalb eigentlich abbauen. Die Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega plant für 2019 trotzdem eine deutlich höhere Neuverschuldung als die Vorgänger-Regierung. Damit will sie unter anderem eine Grundsicherung, Steuererleichterungen und ein niedrigeres Renteneintrittsalter finanzieren. Italiens Vizepremier Matteo Salvini, sagte am Wochenende, er billige Contes Taktik, Italien mache aber keinen Rückzieher.

Bleibt die Regierung in Rom bei ihrer Haltung, dürfte die EU-Kommission noch im Dezember ein offizielles Defizitverfahren gegen Italien einleiten. Ein solches dauert mehrere Monate und kann schließlich zu einem Bußgeld von bis zu 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts führen - im Fall von Italien wären das bis zu 3,4 Milliarden Euro. Auch die Kürzung von EU-Fördermitteln ist möglich. In der Geschichte der EU ist es bislang noch nie so weit gekommen.

© SZ vom 26.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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