EU-Finanzminister:Sanfte Kontrollen bei Hilfskrediten

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Europas Finanzminister verabschieden Regeln für das Corona-Hilfspaket - und dann bleibt noch die Frage, wie es nach der Pandemie weitergehen wird.

Von Björn Finke, Brüssel

Es ist der wichtigste Teil des Hilfspakets, mit dem die EU klamme Staaten in der Corona-Krise unterstützen will. Doch gerade in den Ländern, die Geld am meisten gebrauchen können, ist dieser Teil sehr umstritten: In Italien, Spanien und Griechenland gibt es Vorbehalte dagegen, Kredite beim Euro-Rettungsschirm ESM nachzufragen. Am Freitag versuchten die Finanzminister der Eurostaaten, die Sorgen in einer Videoschaltung auszuräumen. Sie beschlossen, dass die Empfängerstaaten nur minimalen Kontrollen unterliegen sollen.

Die Staats- und Regierungschefs der EU einigten sich im April auf die Grundzüge dieses ersten Hilfsprogramms. Es umfasst Bürgschaften der Europäischen Investitionsbank für Mittelstandskredite, günstige Darlehen der EU-Kommission an Staatshaushalte sowie die Möglichkeit, dass Regierungen vorsorgliche Kreditlinien beim Europäischen Stabilitätsmechanismus beantragen. Der ESM soll bis zu zwei Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung reservieren; im Falle von Italien wären das 36 Milliarden Euro. Dieser Euro-Rettungsschirm wurde 2012 während der Staatsschuldenkrise gegründet, um Ländern wie Griechenland Not-Kredite zur Verfügung zu stellen. Die Darlehen des Luxemburger Fonds sind daher immer an Auflagen geknüpft, etwa wirtschaftsfreundliche Reformen.

Die Kreditlinien in der Corona-Krise sehen aber als einzige relevante Bedingung vor, dass das Geld nur für direkte und indirekte Kosten der Pandemie im Gesundheitswesen verwandt wird. Trotzdem lehnen manche Regierungs- oder Oppositionsparteien in Italien, Spanien und Griechenland den Einsatz des ESM ab. Sie fürchten, dass dies stigmatisierend wirke und am Ende doch die Wirtschaftspolitik der Empfängerstaaten kontrolliert werde, um eine Rückzahlung zu garantieren.

Allerdings führt die EU-Kommission in einem Brief, den sie kurz vor dem Ministertreffen veröffentlichte, detailliert aus, wie sie die Kontrollen anlegen will. Demnach wird sich die Brüsseler Behörde darauf konzentrieren, die korrekte Verwendung der Mittel für Ausgaben im Gesundheitswesen zu überprüfen. Besondere Berichtspflichten oder unangekündigte Vor-Ort-Besuche - beides ansonsten üblich bei ESM-Krediten - soll es nicht geben. Die Finanzminister billigten diesen Vorschlag bei ihrer Konferenz.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte danach, die Einigung auf die Ausgestaltung der Kreditlinien habe "die Voraussetzung geschaffen, den Rettungsschirm nun rasch scharf zu schalten, um Mitgliedstaaten schnell und zielgerichtet zu unterstützen". Die Kreditlinien sollen von Anfang Juni an zur Verfügung stehen.

Insgesamt umfasst das erste Corona-Hilfspaket günstige Darlehen von ESM und EU-Kommission im Wert von bis zu 340 Milliarden Euro. Weil dies nicht reicht, soll die Kommission im Mai einen neuen Vorschlag für den Sieben-Jahres-Haushalt der EU von 2021 bis 2027 vorlegen; der Etat soll mit einem massiven Wiederaufbauprogramm verknüpft sein, das Staaten Geld für Konjunkturspritzen zur Verfügung stellt. Viele Details sind jedoch umstritten zwischen den Regierungen, etwa das Volumen und ob der Topf Zuschüsse oder Darlehen ausreicht.

Frankreichs Regierung hat ein Diskussionspapier erarbeitet, das der SZ vorliegt. Demzufolge soll das Programm das EU-Budget von 2021 bis 2023 um 150 bis 300 Milliarden Euro jährlich aufstocken, was mindestens eine Verdoppelung bedeuten würde. Geholfen werden soll vor allem mit Zuschüssen an Staatshaushalte. Um den Topf zu füllen, soll entweder die Kommission Anleihen herausgeben, oder die Regierungen gründen einen eigenen Fonds und platzieren für diesen gemeinsame Anleihen.

© SZ vom 09.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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