Erfolreich sein:Angst und Antrieb

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Schwimmerin Britta Steffen, Fotografin Julia Leeb und Berater Christoph Bornschein über Erfolg.

Von Angelika Slavik

Die Schauspielerin Katja Riemann hat kürzlich erzählt, dass sie, trotz jahrzehntelanger Erfahrung, vor jedem Auftritt auf der Theaterbühne schreckliches Lampenfieber habe. Damit ist Riemann nicht alleine, viele ihrer Kollegen kennen das. Mancher hält es gar für einen essenziell notwendigen Ausdruck des Respekts für das eigene Publikum. Was aber, wenn nicht nur Nervosität und Aufregung zum Job gehören, sondern Angst? Am Donnerstagabend sitzen drei Menschen zusammen, die sich mit diesem Gefühl ziemlich gut auskennen. Die Olympiasiegerin Britta Steffen, die Fotojournalistin Julia Leeb und der Digitalstratege Christoph Bornschein sind hier, um über das Leben im Allgemeinen zu sprechen und über ihre Erfolgsstrategien. Am Ende wird es auch ein Gespräch über die Angst - und über deren schöpferische Kraft.

"Wenn du denkst, ich kann es nicht - dann wird es auch nichts." Marc Beise (SZ), Britta Steffen, Julia Leeb und Christoph Bornschein beim Dinner-Talk. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Fotojournalistin Julia Leeb hat einiges von dieser Welt gesehen. Mit 14 sei sie das erste Mal in Burma gewesen, erzählt sie. Die Faszination für verschiedene Lebensweisen rund um den Globus hat sie seither nie wieder losgelassen, sie hat ihr ganzes berufliches Leben bestimmt. Leeb studierte Internationale Beziehungen und Diplomatie, arbeitete später im Außenministerium in Rom. Erst danach entdeckte sie die Kamera als ihr ideales Medium, arbeitet seither als Fotojournalistin und Filmemacherin. Oft zieht es sie in Kriegs- und Krisengebiete. Libyen, Kongo, Nordkorea. In Libyen geriet sie 2011 zwischen die Fronten. Dass sie überlebt hat, sei "einfach nur Glück" gewesen, sagt sie. Einer ihrer Begleiter verlor sein Leben. "Die Angst kann auch ein Freund sein, weil sie von unvernünftigen Entscheidungen abhält", sagt Leeb. Sie sei keineswegs "ein Adrenalin-Junkie auf der Suche nach dem nächsten Kick", sie versuche, Risiken zu vermeiden. Dennoch dürfe man sich von der Angst nicht von seinen Zielen abhalten lassen, findet sie. "Es hat doch jeder Angst, der seine Komfortzone verlässt." Trotzdem sei das wichtig, für die persönliche Weiterentwicklung und für den Erfolg.

Auch in Britta Steffens Geschichte nimmt die Angst einen besonderen Platz ein, die vor dem Versagen. Die Schwimmerin Steffen galt lange als erfolgloses Talent, als eine, die die Erwartungen am entscheidenden Tag dann doch nie erfüllen konnte. Steffen sagt, ihr Problem sei einfach "der Kopf" gewesen. "Ich stand am Startblock und hatte ganz schlechte Gedanken." Während die Konkurrenz auf den Sieg fokussiert gewesen sei, habe sie plötzlich nur noch an ein verpatztes Training Wochen zuvor denken können. Steffen, so könnte man es sagen, hatte also schon verloren, bevor sie ins Wasser sprang: "Wenn du die ganze Zeit denkst, ich kann es nicht, das wird nichts - dann wird es auch nichts." Die Misserfolge hätte sie dann wiederum als Bestätigung für die Selbstzweifel gesehen. Sie geriet in eine stete Spirale des Misserfolgs. Erst die Arbeit mit einer Mentaltrainerin habe ihr geholfen, ihre Einstellung zu verändern. Sie habe gelernt, nur für sich selbst zu schwimmen - nicht, um ihre Eltern stolz zu machen und auch nicht, um die Erwartungen der Öffentlichkeit zu erfüllen. "Es ging mir dann nur noch darum, zu zeigen, was ich kann. Und wenn das nur für eine Olympiateilnahme gereicht hätte, wäre es auch in Ordnung gewesen. Aber dann hat es doch für viel mehr gereicht." Steffen gewann zwei Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 und im darauffolgenden Jahr zwei Weltmeistertitel in Rom. Bis heute ist sie die Weltrekordhalterin über 50 und 100 Meter Freistil. Die schnellste Schwimmerin der Welt. Natürlich brauche es dazu auch Disziplin, tägliches Training um sechs Uhr morgens ist nichts für jedermann. Aber Erfolg könne man eben auch lernen, sagt sie. Den Umgang mit der eigenen Angst auch.

Julia Leeb testet eine Virtual-Reality-Brille. (Foto: Stephan Rumpf)

Für Christoph Bornschein wäre Britta Steffens Zugang zum Erfolg eher nichts, Disziplin um sechs Uhr morgens kann er für sich ausschließen. "Um diese Uhrzeit ist mein Körper zu nichts in der Lage außer zu Schmerzen", feixt Bornsch. Der Erfolg blieb ihm trotzdem nicht verwehrt: Bornschein ist Gründer und Geschäftsführer der Digitalberatung Torben, Lucie und die gelbe Gefahr. Auch in seinem Tätigkeitsfeld spielt die Angst eine Rolle: die der Unternehmen vor der Digitalisierung. Bornschein, Zottelbartträger und Flanellhemden-Fan, hilft Firmenchefs dabei, den digitalen Wandel in ihren Unternehmen anzunehmen und die Geschäftsmodelle entsprechend anzupassen. Er ist also, vereinfacht ausgedrückt, Unternehmensberater, "auch wenn es schwer fällt das zu sagen, wenn Roland Berger im Publikum sitzt", sagt Bornschein. "Aber die Zeiten haben sich geändert, Herr Berger", sagt Bornschein und lacht.

Unternehmerin Verena Pausder mit ihrem Mann. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Bild, das er dann von der Zukunft zeichnet, kann nicht allen im Saal gefallen: Die Digitalisierung werde das Tempo des Lebens weiter verschärfen, vor allem für Angestellte werde die Arbeitswelt härter werden, sagt er. "Diese Insel, auf der wir alle kurz durchschnaufen und uns erholen können, die wird es einfach nicht geben." Dann allerdings gibt es auch noch eine Virtual-Reality-Brille zu sehen, eine der Errungenschaften, die der technische Fortschritt mit sich bringt. Ob die auch die Skeptiker mit der Digitalisierung versöhnt? Für Julia Leeb ist diese Erfindung jedenfalls ein Segen, erlaube so eine Brille doch allen Menschen viel unmittelbarer zu sehen, was sie auf ihren Reisen erlebt. Bornschein dagegen betrachtet die Sache nüchterner: "Es wird Leute geben, die ein Leben haben. Und solche, die den anderen beim Leben zusehen." Fast möchte man sagen: So wie heute auch schon.

© SZ vom 21.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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