Eine Branche wird nervös:Stromkonzerne suchen die Konfrontation

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Die Unternehmen drohen, auf künftige Großprojekte zu verzichten, wenn die Bundesregierung gegen steigende Preise vorgeht.

Michael Bauchmüller und Karl-Heinz Büschemann

Als Erster war am Montag der ostdeutsche Vattenfall-Konzern vorgeprescht. Dessen Chef Klaus Rauscher hatte in einem Interview angedroht, auf Investitionen zu verzichten, sollte die Bundesregierung zu weit in den Strommarkt eingreifen.

Andere Energiekonzerne stärkten Rauscher am Montag den Rücken. Hintergrund der Auseinandersetzung sind Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums, das Kartellrecht für Energieunternehmen strenger zu fassen. Demnach könnten in Zukunft die Kartellbehörden schon einschreiten, wenn Unternehmen für Strom wesentlich mehr verlangen als die Konkurrenz.

Ordnungspolitisch fragwürdig

Hohe Preisdifferenzen könnten nach dem neuen Paragraph 29 künftig als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gedeutet werden. Damit trifft die Neuregelung allein die vier großen deutschen Energiekonzerne RWE, Eon, Vattenfall und EnBW. Sie kommen gemeinsam auf gut 80 Prozent der deutschen Kraftwerkskapazitäten; das Bundeskartellamt setzt den Marktanteil sogar bei 90 Prozent an.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) drängt zur Eile. Seit dieser Woche läuft die Ressortabstimmung zwischen den Ministerien, noch in diesem Jahr soll die Novelle ins Kabinett.

Parallel arbeitet auch Hessens Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) an einer Neuordnung des Kartellrechts. Demnach könnten künftig Erzeuger gezwungen werden, Kraftwerke abzustoßen, wenn sie eine marktbeherrschende Stellung ausnutzen. Rhiel will die Initiative über den Bundesrat lancieren, Anfang Dezember sollen sich Rhiels Länderkollegen mit dem Vorschlag befassen.

Die Branche wird zunehmend nervös. ,,Staatliche Eingriffe in die Marktstruktur würden den Wettbewerb im Strommarkt nicht fördern, sondern behindern'', warnte Eberhard Meller, Chef des Stromverbandes VDEW. ,,Die Politik liebäugelt mit Instrumenten der Vergangenheit.''

Zuvor hatte Vattenfall-Chef Rauscher in der Frankfurter Rundschau gedroht, weitere Investitionen in Deutschland hingen von den Bedingungen ab. ,,Je unklarer sie sind, desto unsicherer wird es.'' Greife die Politik ,,dirigistisch'' in den Markt ein, ,,dann wird anderswo investiert''.

Vattenfall will bis 2012 sechs Milliarden Euro in Deutschland investieren, die Hälfte davon hat der Aufsichtsrat schon gebilligt. An den Projekten halte der Konzern fest, sagte eine Sprecherin. ,,Aber man hat bestimmte Wirtschaftlichkeitskriterien zu erfüllen.''

Der Essener RWE-Konzern gab Rauscher Rückhalt. Würden die Pläne des Bundeswirtschaftsministers Realität, wäre das ,,investitionshemmend''. Ein Sprecher des Karlsruher EnBW-Konzerns nannte die Vorstöße ,,ordnungspolitisch fragwürdig''.

Glos hielt sich am Montag bei dem Thema zurück. Erst kürzlich hatte er die Energieunternehmen ermahnt, ihre Investitionszusagen einzuhalten. Hessens Wirtschaftsminister Rhiel warnte die Stromkonzerne davor, ,,eine Angstkampagne zum Thema Versorgungssicherheit zu starten''.

Die Stromversorgung sei auch mit schärferen Regeln sicher. Wenn wirksamer Wettbewerb herrsche, werde es billiger als jetzt, sagte Rhiel der Süddeutschen Zeitung.

© SZ vom 17.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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