Chatbots:"Wie kann ich Ihnen helfen?"

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Xaver Lehmann (links) und Fabian Beringer sind die Chefs des Start-ups e-bot7, das automatisierte Chat-Dienste für Firmenkunden entwickelt. (Foto: OH/e-bot7)

Die Münchner Firma e-bot7 ist sehr erfolgreich mit ihrem Chatsystem, das große Unternehmen für den Dialog mit ihren Kunden einsetzen. Ziel der Gründer: die Marktführerschaft.

Von Helmut Martin-Jung, München

Zwei Freunde, die zusammen in Pullach im Münchner Süden zur Schule gegangen sind, treffen sich zufällig beim BWL-Studium im niederländischen Maastricht wieder. Sie beschließen, ein Start-up zu gründen und tun das noch in ihrem WG-Zimmer. Geschichten wie diese gibt es immer wieder, nicht immer aber wird aus der Firma auch etwas.

Bei e-bot7 klappte es. "Seit 2016 geht es steil bergauf", sagt Fabian Beringer, einer der zwei früheren Schul-Kumpels, die gemeinsam mit einem weiteren Freund das Start-up gründeten. Bald schon wird sein Unternehmen hundert Mitarbeiter beschäftigen, die an sogenannten Chatbots arbeiten. Auch wenn einem dieser Begriff nichts sagt, wer im Netz mit dem Mobilfunkanbieter O2, der Deutschen Bahn, BMW und einigen anderen Unternehmen zu tun hatte, kennt sicher die kleinen Boxen, die unten rechts am Bildschirm erscheinen und dem Nutzer anbieten, sein Anliegen im Chat vorzubringen. Dahinter steckt das System von e-bot7. Es wertet diese Anfragen aus und nutzt dafür künstliche Intelligenz.

Da könnte man leicht auf den Gedanken kommen, Beringer und sein Mit-CEO Xaver Lehmann wären Technik-Experten. Sind sie aber nicht. Die Firma, die sie aufbauten, war zunächst auch gar keine Technologie-Firma, sondern trat als Berater für die Chatbot-Technologie auf. Im Nachhinein erwies sich das als äußerst wertvoll, denn als die Jung-Unternehmer beschlossen, die Firma in ein Tech-Unternehmen umzubauen, wussten sie aus vielen Beratungsgesprächen schon recht genau, wo bei den potenziellen Kunden der Schuh drückt.

Die Bearbeitungszeit von Anfragen reduziere sich um 80 Prozent, wirbt das Unternehmen

Alleine sind die Münchner nicht auf dem Markt. Es gibt bereits Konferenzen und Messen, auf denen sich Anbieter aus diesem Bereich präsentieren. e-bot7, sagt Beringer, unterscheide sich von der Konkurrenz dadurch, dass die Kunden ohne größere technische Vorkenntnisse selbst festlegen können, welche Fragen ihr jeweiliger Bot - meist bekommt er oder sie einen menschlichen Namen - auf welche Weise beantworten und wie die Zusammenarbeit mit den menschlichen Mitarbeitern gestaltet werden soll. Steht das Gerüst, muss das System noch trainiert werden. Dann kann es den Callcenter-Mitarbeitern Routine-Aufgaben abnehmen und letztlich Kosten sparen. Die Bearbeitungszeit von Anfragen reduziere sich um 80 Prozent, wirbt das Unternehmen.

Nach dem Training erreichen die Chatbots eine hohe Trefferquote beim Verstehen der eingetippten Fragen. Wenn die errechnete Wahrscheinlichkeit dafür höher als 97 Prozent sei, beantwortet der Bot die Frage, gibt also die mutmaßlich korrekte Antwort aus, erklärt Beringer. Ist sich das System weniger sicher, wird der Fragesteller an einen menschlichen Mitarbeiter weitergereicht. Er oder sie bekommt aber vom System einen Vorschlag, was mit der Anfrage gemeint sein könnte.

Bei sensiblen Themen leitet das System gleich zu einem Menschen weiter: "Wenn es zum Beispiel um eine Kündigung geht, da will man doch keinen automatischen Prozess", sagt Xaver Lehmann. "Abbruchstellen" nennen sie firmenintern die Momente, in denen Unterhaltungen an menschliche Mitarbeiter übergeben werden.

Das System lässt sich auch im firmeneigenen Rechenzentrum nutzen

Die Algorithmen für die Chatbots hat e-bot7 selbst entwickelt, ihre Software lässt sich als reines Cloud-Angebot nutzen, auch in einer privaten Cloud oder im Rechenzentrum von Firmen auf deren Gelände. Drei verschiedene Modelle bietet e-bot7 an, die Vertragslaufzeit beträgt mindestens ein Jahr.

Die Corona-Krise hat das Start-up bisher gut gemeistert. Weil menschliche Kontakte eingeschränkt sind, stieg der Bedarf nach automatisierten Systemen. "Wir sind noch nie so stark gewachsen wie in den letzten sechs Monaten", sagt Lehmann. Zuletzt eröffnete e-bot7 eine Dependance in Amsterdam für die Benelux-Staaten. Davor wurden schon Niederlassungen in Großbritannien und Frankreich gegründet. Nächstes Jahr haben sich die Gründer, zu denen noch Maximilian Gerer gehört, die Expansion in die USA vorgenommen.

Ziel ist es, die Marktführerschaft auf dem noch recht jungen Gebiet zu erreichen. Der Fokus liegt deshalb auf Wachstum, die Gewinnschwelle will e-bot7 im Jahr 2022 überschreiten.

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