Dokumentation über Apple-Zulieferer Foxconn:In der iFactory

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Niedrige Löhne, mysteriöse Suizide, militärischer Drill: Der Apple-Zulieferer Foxconn gerät immer wieder wegen seiner Arbeitsbedingungen in die Kritik. Erstmals hat jetzt ein amerikanisches Fernsehteam die geheimen Foxconn-Produktionsstätten in China besucht - und liefert doch nur oberflächliche Bilder.

Christoph Giesen

93 Millionen iPhones und 40 Millionen iPads hat Apple im vergangenen Jahr verkauft und Milliarden eingenommen. Wann immer ein neues Produkt auf den Markt kommt, berichtet eine Heerschar an Journalisten, vor den Apple-Stores bilden sich lange Schlangen. Wie und wo aber die iPhones und iPads zusammengeschraubt und -gelötet werden, ist vielen unklar.

Produziert werden die Geräte von dem Heer chinesischer Wanderarbeiter beim taiwanesischen Zulieferer Foxconn. Der Name des Unternehmens geisterte in den vergangenen Monaten häufiger durch die Presse. Neun Mitarbeiter nahmen sich das Leben, bei einer Aluminiumstaubexplosion 2011 wurden vier Arbeiter getötet und 77 verletzt.

Einem Team des amerikanischen Fernsehsenders ABC ist es nun erstmals gelungen, offiziell die Produktionsstätten in Chengdu und Shenzhen zu besichtigen. ABC-Reporter Bill Weir, im Schlepptau einen Kontrolltrupp der internationalen Arbeitsrechtsorganisation Fair Labor Association, konnte mit Foxconn-Mitarbeitern sprechen.

Der Fernsehbeitrag ist in den vergangenen Tagen intensiv beworben worden, angekündigt in zahlreichen Vorabberichten in Zeitungen weltweit: Doch ist der Film tatsächlich eine investigative Meisterleistung? Oder bloß eine von Apple eingefädelte PR-Aktion?

Weder noch. Gleich zu Beginn der Sendung legt ABC die Verbindungen zwischen Apple und dem ABC-Mutterkonzern Disney offen, Steve Jobs Witwe ist Großaktionärin beim Disney-Konzern. Reporter Bill Weir beteuert, er habe keine Details weggelassen. Auch habe Apples neuer Vorstandschef Tim Cook nicht für ein Interview zur Verfügung gestanden.

Die Dokumentation zeigt, wie an langen Werkbänken Hunderte Wanderarbeiter sitzen und iPads und iPhones zusammensetzen. 141 Arbeitsschritte, alles in Handarbeit. Roboter oder Maschinen gibt es kaum. Die Arbeiter schlafen auf dem Werksgelände in Doppelstockbetten, 17,50 Dollar im Monat drücken sie dafür vom Lohn ab. Dafür müssen sie bei einem Stundenlohn von etwa 2,20 Euro knapp acht Stunden arbeiten.

Trotz der widrigen Arbeitsbedingungen versuchen viele, einen Job bei Foxconn zu ergattern. Als Beweis filmt ABC, wie Hunderte neue Mitarbeiter vor dem Werkstor anstehen. Für viele Chinesen vom Land sind die Jobs in den Fabriken die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen. Als Bauern bleiben sie arm.

Der Film zeigt auch die Stahlnetze, die an den Gebäuden angebracht wurden, damit keiner der Wanderarbeiter mehr vom Dach springt. Reporter Weir befragt einen reumütigen Foxconn-Sprecher zu den mysteriösen Suiziden. Der verspricht die Löhne zu erhöhen, wenn Apple mehr bezahlt. Soweit die Pflicht.

Im Golf-Cart durchs Potemkinsche Dorf

Wer sich hinter der Fair Labor Association verbirgt, lässt ABC allerdings offen. Dabei gilt die Truppe um Chef Auret van Heerden als industriefreundlich, weil die Unternehmen für ihre Mitgliedschaft und die Kontrollen selber zahlen. Gegründet wurde die Organisation in den neunziger Jahren, als der Sportartikelhersteller Nike für seine Produktionsbedingungen in Asien kritisiert wurde.

Ohne groß nachzufragen, kurven Weir und van Heerden mit einem Golf-Cart über das Firmengelände und lassen sich die Produktion zeigen. Ob er denn nicht erwarte, dass Foxconn für den Besuch alles schön hergerichtet habe und eigentlich eine Art Potemkinsches Dorf den Besuchern zeige, fragt Weir zaghaft. Und van Heerden antwortet: Na klar sei alles auf Vordermann gebracht worden. Das sei aber immer so bei seinen Besuchen und nicht weiter schlimm. Die Verstöße und Mängel würde er trotzdem immer aufdecken.

Kurz nach dem Besuch lässt sich van Heerden dann wie folgt zitieren: "Die Anlagen sind erste Klasse." Außerdem liege die körperliche Verfassung der Mitarbeiter weit über dem chinesischen Durchschnitt.

Inzwischen hat auch Apple auf den Bericht reagiert und einen läppischen Fehler moniert. Eine Mitarbeiterin, die am Fließband gefräste iPad-Bauteile reinigt, müsse pro Tag nicht 6000 Mal den gleichen Handgriff ausüben, wie im Film suggeriert - sondern nur 3000 Mal.

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