Digitalkonzerne:Anruf von Mark

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Thierry Breton ist EU-Binnenmarkt-Kommissar. Zuvor führte der Franzose die Konzerne Atos und France Télécom, war Harvard-Professor, Minister und Buchautor. (Foto: dpa)

EU-Binnenmarkt-Kommissar Breton erklärt, wie er Internetkonzerne härter regulieren will - und warum er die Chefs von Facebook und Google gut kennt.

Von Björn Finke, Brüssel

Der Blick aus dem Konferenzsaal im Kommissionsgebäude geht über die Dächer Brüssels bis zum Atomium. "Vielleicht ist es vorerst eins der letzten Male, dass wir uns hier treffen können", sagt EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton zu der Handvoll Journalisten, mit denen er über Internetregulierung sprechen will. Wegen der zweiten Corona-Welle finden die meisten Unterredungen nun per Video statt. Die neuen Regeln, die der 65-Jährige skizzieren will, werden er und die für Digitalisierung zuständige Vizepräsidentin Margrethe Vestager Anfang Dezember präsentieren: Vorschläge für ein Gesetz für digitale Dienste und für ein Gesetz für Digitalmärkte.

"Wir wollen damit den digitalen Raum für Europas Bürger für die nächsten 20 Jahre organisieren", sagt der Franzose, der bis zu seiner Berufung zum Kommissar den IT-Dienstleister Atos geleitet hat. Die Zahl 20 hat er nicht von ungefähr gewählt: So alt ist die E-Commerce-Richtlinie, die bislang die Geschäfte von Internetplattformen wie Google, Amazon oder Facebook regelt. Die neuen Gesetzesentwürfe werden Webkonzernen mehr Pflichten auferlegen. Damit soll es etwa einfacher werden, Hasspropaganda oder den Verkauf gefälschter Güter zu bekämpfen; zugleich will die Kommission mächtigen Plattformen wie Google bestimmte Verhaltensweisen von vorneherein verbieten, wenn dies Rivalen schaden könnte.

Entsprechend aufgeregt sind die Lobbyisten der Branche. Medienberichte, die Kommission habe eine Liste - meist amerikanischer - Konzerne erstellt, die sie enger an die Kandare nehmen will, bezeichnet Breton als "fake news". Es gebe keine Liste, sondern klare Kriterien.

Der Franzose, der neben diverser Sachbücher auch einen Science-Fiction-Roman über ein Computervirus geschrieben hat, betont zudem, das Gesetz für digitale Dienste verlange keinesfalls, dass Plattformen sämtliche Inhalte und Produkte auf ihren Seiten kontrollieren. Aber die Unternehmen müssten Überwachungssysteme etablieren, die Identität ihrer Kunden prüfen und bei Beschwerden schnell reagieren. Zudem müssten Aufsichtsbehörden die Algorithmen verstehen, mit denen zum Beispiel Facebook arbeitet.

Breton sagt, Europa bleibe offen für alle Konzerne, solange sie sich an die Regeln halten: "Es ist mein Job, den Unternehmen verständlich zu machen, was von ihnen erwartet wird." Hierbei helfe, dass er aus seiner Zeit als Vorstandschef die wichtigsten Top-Manager persönlich kenne: "Wenn Mark mich anrufen will, ruft er mich an", sagt er - und meint Mark Zuckerberg von Facebook. "Wenn Sundar Pichai das will, macht er das", ergänzt er mit Blick auf den Google-Chef. "Meine Tür ist offen."

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