Dieselaffäre:Lauschangriff unter Vorstandskollegen

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Kuriose Protokolle aus dem Top-Management des VW-Konzerns: Wie der beurlaubte Motoren-Entwickler Wolfgang Hatz seine Vorstandskollegen anrief und ohne deren Wissen die Gespräche aufzeichnete.

Von Stefan Mayr

Wenn Menschen in Bedrängnis geraten, machen sie Dinge, von denen sich später nicht alle als sinnvoll herausstellen. So könnte es Wolfgang Hatz ergehen, dem ehemals mächtigen Chef-Motoren-Entwickler des Volkswagen-Konzerns, der durch den Diesel-Skandal tief abstürzte. Hatz wurde schon wenige Tage nach dem Bekanntwerden des Diesel-Skandals als Porsche-Vorstand beurlaubt. In der unfreiwilligen Freizeit verfiel er in einen Aktionismus, den er inzwischen vielleicht bereut: Er rief mehrere Konzern-Manager an, zeichnete die Gespräche ohne deren Wissen auf und übergab die Mitschnitte seinem Anwalt.

Betroffen sind der damalige Volkswagen-Chef Matthias Müller, Porsche-Boss Oliver Blume und Vorstandskollege Michael Steiner. Wie aus dem Hause Porsche zu hören ist, sind die drei Herren nicht begeistert angesichts des Vertrauensbruchs, zumal das Handelsblatt in seiner Mittwoch-Ausgabe genüsslich aus den Protokollen zitierte und es in den Gesprächen explizit um die "Bescheiß-Software" ging. "Mia, i moan, i muaß, i muaß, i wui da do nix vormacha", soll Matthias Müller auf gut bayerisch gesagt haben, "äh, mia kennan nicht gegen den Aufsichtsrat von VW entscheiden." Hatz habe in den Telefonaten stets betont, dass er keinerlei Schuld habe, deshalb habe er wissen wollen, wann er wieder arbeiten darf.

Daraus wurde bislang nichts: Porsche betonte bei der Beurlaubung zwar, man habe "keinerlei Hinweise" auf eine Mitverantwortung von Hatz für manipulierte Abgasmessungen. Dennoch kam Hatz im September 2017 in Untersuchungshaft. Erst im Juni kam er gegen eine Drei-Millionen-Kaution frei. Die Staatsanwaltschaft München II ermittelt wegen Betrugs-Verdachts gegen ihn.

Die Ermittlungen wegen "Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes" wurden dagegen eingestellt. "Weil keiner der Geschädigten Strafantrag gestellt hat", sagt eine Sprecherin. Die "Geschädigten", Porsche und Hatz' Anwalt Peter Gauweiler sagen zu den Protokollen nichts. Aber die Chancen auf Hatz' Rückkehr hat die Abhöraktion nicht erhöht.

© SZ vom 21.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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