Diesel:Raus aus der Rußwolke

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Die Autobranche und die Politik suchen eine Nachrüstlösung für den Diesel. Damit wollen sie verhindern, dass es in Großstädten zu Fahrverboten kommt. Die Politik bleibt skeptisch. Die Branche habe bisher keine befriedigende Lösung vorgelegt.

Von Markus Balser, Berlin

Die großen deutschen Autohersteller wollen offenbar spätestens bis zur Bundestagswahl im Herbst ein Nachrüstprogramm für ältere Diesel-Fahrzeuge präsentieren, um Fahrverboten in deutschen Großstädten doch noch zu entgehen. Führende Manager der Hersteller, der Branchenverband VDA und das Bundesverkehrsministerium führten entsprechende Gespräche, heißt es aus Branchenkreisen. Die Politik allerdings bleibt bisher skeptisch. Die Branche habe bislang noch keine befriedigende Lösung vorgestellt, hieß es. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erhöhte am Montag öffentlich den Druck auf die Hersteller, Verbrauchern entgegenzukommen. Bei einem Spitzentreffen mit den Chefs von BMW sowie den Volkswagen-Töchtern Audi und MAN am Mittwoch werde es auch um Geldfragen gehen, kündigte Seehofer in München an. Denn noch ist offen, wer eine Umrüstung bezahlt. Dabei wolle er "verbindlich hören und vielleicht auch vereinbaren", was hier zu welchen Kosten möglich sei, sagte der CSU-Chef. Seehofer drängt die Hersteller zu Nachrüstungen, um Diesel-Fahrverbote zu vermeiden. Seehofer sagte, früher oder später werde es auch ein Gipfeltreffen "mit allen Automobil-Ländern und der Bundesregierung" geben.

Wegen drohender Fahrverbote wie in München oder Stuttgart ist die Autobranche derzeit in Aufruhr. Würden ihre Autos plötzlich nicht mehr in die Innenstädte gelassen - das Vertrauen der Käufer wäre dahin, die wirtschaftlichen Folgen riesig. Dem Diesel, Verkaufsschlager der Branche, droht ein Desaster. Die Anfänge sind schon zu spüren. Immer weniger neue Diesel würden zugelassen, heißt es in den Unternehmen. Die Preise für Gebrauchtwagen sinken, was viele Halter von Dieselfahrzeugen verärgert. Sie sehen sich von den Konzernen und der Politik getäuscht und mit ihrem Wertverlust alleingelassen.

Die Autohersteller würden deshalb gern möglichst bald und in jedem Fall deutlich vor der Wahl eine Lösung präsentieren, um die Abgasaffäre aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Das Kalkül: Würde man wenigstens die Abgaswerte von Euro-5-Fahrzeugen, die 40 Prozent der Dieselautos im Land ausmachen, deutlich verbessern, könnten Gerichte eventuelle Fahrverbote womöglich stoppen. Doch auf die technischen Details einer solchen Lösung konnten sich die Hersteller bislang nicht einigen.

© SZ vom 27.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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