Beispielsweise wird da ein Audi Q3 aufgehalten, beinahe noch so neu, dass er gar nicht poliert werden muss, um zu glänzen. Stopp! Fahrverbot!, sagen Mitarbeiter der Stadt Stuttgart oben am Rand des Stadtkessels. Es könnte übrigens auch Golf-Fahrer treffen oder Lenker eines 3er-BMW. Polizisten stehen bereit, die beim Vollzug der Anordnung helfen: Umdrehen muss, wer nicht den neuesten Motor hat. Folgt einer nicht, wird ihm der Autoschlüssel weggenommen.
Das ist ein Szenario, das keinem Fahrer gefallen kann, deswegen ist die erste Verständigung von Industrie und dem "Pilot"-Verhandlungspartner Baden-Württemberg bei der Nachrüstung eine gute Sache. Vor allem für die Besitzer jener 5,9 Millionen Autos, die nicht alt sind, aber auch nicht die allerneuesten, also Diesel mit einem Abgasniveau der Stufe 5. Und die in mehr als 50 Städten von einem Fahrverbot bedroht sind.
Fahrverbote? Doch nicht im Autoland Deutschland, dachten sie
Man darf davon ausgehen, dass auch einige Hunderttausend Wähler der Grünen Diesel fahren. Deswegen war von Anfang an klar, dass ein Verbot nicht im Interesse der Regierung dort sein kann. Und doch haben die Grünen gemeinsam mit dem Koalitionspartner CDU nun ein solches beschlossen. Und sie hatten den Mumm, den zwischenzeitlichen Unmut auszuhalten. Genau dieser hat die Hersteller erst in Bewegung gebracht. Die dachten, von Audi über Citroën bis Mercedes, dass niemand Fahrverbote wagen würde im Autoland. Die Manager behaupteten lange: Wir können nichts nachbessern, zu kompliziert.
Es ist den Grünen zu danken, dass sie mit Konsequenz ein Gerichtsurteil umsetzen, das die Stadt Stuttgart verpflichtet, endlich für sauberere Luft zu sorgen. Und es ist geschickt gewesen von der Regierung, gleich darauf zu erklären, dass die Autobauer derlei abwenden könnten, wenn sie die Abgasanlagen nachbessern. Damit war die Industrie in der Pflicht. Sie hätte den Schwarzen Peter, würde sie nichts liefern. Doch unter Druck wird eben manche Ingenieurleistung möglich. Dazu beigetragen hat, dass viele Vorstände und Ingenieure mittlerweile dieser Regierung vertrauen: Die sind zwar grün, aber haben doch Ahnung von Autos. Ein hartes Umfeld zwar, aber eines in dem sich ernsthaft verhandeln lässt.
Die Umbauten an den Autos müssen jetzt schnell genehmigt werden
Die Manager halten sich gar nicht mehr auf mit Abwehrbewegungen, die in Stuttgart nur belächelt würden. Still akzeptieren sie, dass es dieses Problem nicht gäbe, würden ältere Diesel tatsächlich so sauber fahren, wie auf dem Papier erklärt. Das Mitarbeiten nun ist jedoch keinem gesteigerten Mitgefühl für die abgasgeplagten Stadtbewohner geschuldet. Es geht weiter ums Geld und um die Kunden. Vor wenigen Jahren erst haben sie einen Wagen gekauft - und schon wird er ausgesperrt? Zumindest veräppelt, wenn nicht gar betrogen, fühlen sich die Halter - zu Recht. Derart vergrault würden sie keinen Diesel mehr kaufen.
Das wiederum hätte Folgen für Jobs, für die Konzerngewinne, aber auch für die Umwelt. Mehrere Zehntausend Menschen bauen allein in Deutschland solche Motoren, deren Funktionsweise, trotz der Schummeleien, keine schlechte ist: Der Verbrauch ist geringer als beim Benziner, ein Fünftel etwa, der CO₂-Ausstoß entsprechend geringer. Auch dieses Ziel gilt es im Auge zu behalten, heißt es aus der Industrie. Damit hat sie recht, nicht nur, weil ihr sonst bald Strafzahlungen aus Brüssel drohen, wegen Überschreiten der CO₂-Grenzwerte.
Der Diesel sollte also gerettet werden, zumindest bis neue Antriebe gut verfügbar sind. Ein erster Schritt dafür ist getan in Stuttgart. Jetzt muss die Bundesregierung ihren Teil beitragen, dass der theoretischen Vorarbeit Taten folgen: Die mühsam ausgetüftelten Umbauten an den Autos müssen schnell genehmigt werden. Zum Wohle der Anwohner, der Autofahrer - und auch der Industrie.