Deutsche Wohnen:Wenn Mieten zum Politikum werden

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Deutschlands zweitgrößtes Wohnungsunternehmen legt Rekordzahlen für 2016 vor - und prognostiziert, dass Mieteinnahmen und Dividende weiter steigen werden. Doch Investoren hatten sich offensichtlich mehr erhofft.

Von Benedikt Müller, München

Verrückte Zeiten auf dem Wohnungsmarkt: Da verkündet Deutschlands zweitgrößter Immobilienkonzern Deutsche Wohnen am Dienstag, dass seine Mietshäuser kräftig an Wert gewinnen, die Mieten und die Dividende in diesem Jahr weiter steigen werden. Doch den Investoren ist das nicht optimistisch genug: Die Aktie der Deutsche Wohnen büßt zwei Prozent an Wert ein, ist am Dienstag ein großer Verlierer im M-Dax. Was ist passiert?

Da sind zum einen die Mieten: Im vergangenen Jahr verlangte der Konzern im Schnitt 2,9 Prozent mehr Geld pro Quadratmeter. Doch gerade in Berlin, wo Deutsche Wohnen 110 000 Wohnungen besitzt, kritisieren Politiker und Mieterschützer, der Konzern nutze jeden Spielraum aus: Wenn der Mietspiegel keine Erhöhung zulasse, ziehe Deutsche Wohnen etwa vergleichbare Wohnungen heran, um eine höhere Miete zu begründen. "Vor Gericht hat das bislang keinen Bestand", sagt Reiner Wild vom Berliner Mieterverein. Doch viele Mieter scheuten den Konflikt mit dem Eigentümer. Im Februar hatte das Abgeordnetenhaus mit rot-rot-grüner Mehrheit den Konzern eigens zur Anhörung geladen.

Für dieses Jahr prognostiziert Deutsche Wohnen nun, die Mieten werden um weitere 3,5 Prozent steigen. Abermals kräftig - doch Investoren hatten sich mehr erhofft. Denn im Sommer veröffentlicht Berlin den neuen Mietspiegel, der neuerliche Erhöhungen erlauben würde. Deutsche Wohnen kalkuliert dieses Jahr aber lieber konservativ. "Der Mietspiegel ist stark politisch beeinflusst", sagt Konzernchef Michael Zahn. Die rot-rot-grüne Landesregierung in Berlin habe ihre eigene Position zum Wohnungsmarkt, seine Firma eine andere. Die erfolgsverwöhnten Immobilien-Investoren fürchten nun, schärfere Regeln würden die Gewinne belasten, möglicherweise auch nach der Bundestagswahl.

Zum anderen ist da die Frage, wie stark die Immobilienpreise in den Städten noch steigen werden. Deutsche Wohnen konnte den Wert seiner 160 000 Mietwohnungen bundesweit allein im vergangenen Jahr um 2,7 Milliarden Euro nach oben korrigieren. Denn die Nachfrage nach Immobilien ist hoch, vor allem wegen der niedrigen Zinsen. Doch nun erwartet der Konzern, dass die Dynamik etwas nachlassen wird. "Die Lücke zwischen Berlin und anderen deutschen Städten schließt sich nach und nach", sagt Vizechef Lars Wittan. Eine Normalität, an die sich Optimisten noch gewöhnen müssen.

© SZ vom 22.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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