Deutsche Wirtschaft schwächelt:Konjunkturflaute lässt Steuereinnahmen sinken

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Zum ersten Mal seit anderthalb Jahren sinken nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" in Deutschland die Steuereinnahmen. Schuld ist vor allem die schwächere Wirtschaftsleistung. Auch wenn keine Rezession droht - sollten die Einnahmen dauerhaft niedriger sein als erwartet, bedeutet das zusätzliche Belastungen für Bund und Länder.

Guido Bohsem

Die Konjunkturflaute erreicht die öffentlichen Haushalte. Erstmals seit 17 Monaten sanken im Januar dieses Jahres die Steuereinnahmen von Bund und Ländern wieder. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung lag das Minus im Vergleich zum Anfang des vergangenen Jahres um Sondereffekte bereinigt bei 0,4 Prozent. Die Experten von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) messen dem Ergebnis eine hohe Bedeutung zu: "Der Trend der monatlich steigenden Einnahmen ist zunächst gebrochen."

Muss mit weniger Steuereinnahmen auskommen: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. (Foto: dpa)

Als Ursache sieht man im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen wirkt sich der gestiegene Arbeitnehmerfreibetrag erstmals aus. Dadurch sinken die Einnahmen aus der Lohnsteuer. Wesentlich gravierender dürfte sich aber die Konjunkturflaute zum Ende des Jahres 2011 auf das Ergebnis niedergeschlagen haben.

Die deutsche Wirtschaftsleistung war in den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres laut Statistischem Bundesamt um 0,2 Prozent geschrumpft. Volkswirte erklären dies mit den Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise. Eine neuerliche Rezession wie zuletzt 2009 droht nach überwiegender Einschätzung jedoch nicht. Der Rückgang der Steuereinnahmen im Januar muss sich daher nicht zwangsläufig verstetigen. Nach Berechnungen der Steuerschätzer vom vergangenen November werden die Einnahmen des Staates im Laufe des Jahres um insgesamt 0,8 Prozent steigen.

Auf den ersten Blick sehen die Zahlen, die das Ministerium an diesem Donnerstag veröffentlichen will, ohnehin deutlich besser aus, als sie es tatsächlich sind. Demnach sind die Steuereinnahmen von Bund und Ländern nicht gesunken, sondern gestiegen - und zwar um 3,9 Prozent.

Enttäuschendes Ergebnis bei der Umsatzsteuer

"Die Zunahme ist aber allein auf die verzerrende Wirkung von Sondereffekten zurückzuführen, die per Saldo nicht zu Mehreinnahmen führen", heißt es im Ministerium. Schäubles Experten verweisen auf einen konkreten Steuerfall, der das Aufkommen um etwa 1,6 Milliarden Euro erhöht habe. Im Laufe des Jahres müsse die gleiche Summe jedoch wieder erstattet werden. Zudem sei es wegen einer Umstellung bei der Datenverarbeitung zur Nachbuchung eines dreistelligen Millionenbetrags gekommen. Das Geld hätte eigentlich schon im Dezember eingenommen werden müssen.

Die Umsatzsteuer lag nur 1,3 Prozent über dem Niveau des Januars 2011. Das ist ein enttäuschendes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten durchschnittlich um 5,5 Prozent gestiegen ist. Von den Steuern, die alleine dem Bund zur Verfügung stehen, entwickelte sich die Tabaksteuer mit einem Plus von 12,2 Prozent sehr positiv, die Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer indes sanken um 0,6 Prozent.

Sollten die Einnahmen dauerhaft niedriger sein als erwartet, drohen Schäubles Haushalt zusätzliche Belastungen. Weil der europäische Rettungsfonds ESM seine Arbeit entgegen der ursprünglichen Planungen früher aufnimmt, muss der Bund voraussichtlich ohnehin deutlich mehr neue Kredite aufnehmen als die zuletzt vorgesehenen 26,1 Milliarden Euro.

Derzeit verhandelt Schäuble mit seinen Kabinettskollegen über die Ausgaben für das kommende Jahr. Bereits bekannt wurde, dass der Finanzminister den Bundeszuschuss an die Krankenkassen mindestens einmalig um zwei Milliarden Euro kürzen möchte.

© SZ vom 23.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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