Deutsche Telekom:T-Mobile und Sprint wollen angreifen

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Der Konzern will die Mobilfunk-Fusion in den USA möglichst bis April vollziehen. Für die Zeit danach formuliert Telekomchef Tim Höttges hohe Ansprüche.

Von Benedikt Müller, Bonn

Tim Höttges hat Streichhölzer zur Bilanzvorlage mitgebracht, damit er die magentafarbene Kerze auf der Geburtstagstorte anzünden kann. "Happy Birthday, liebe Telekom", ruft der Vorstandschef. 25 Jahre ist es her, dass Deutschland seine Telekom privatisierte und kurz darauf an die Börse brachte. Eine wechselvolle Geschichte für die Aktionäre, folgte dem starken Kursanstieg doch ein jäher Absturz. Jedenfalls sei die Telekom von der Behörde zum internationalen Konzern geworden, resümiert Höttges, "mit einem starken Standbein auf beiden Seiten des Atlantiks." Man habe sich gehörig verändert, so der 57-Jährige, "und wir werden konsequent diesen Weg weitergehen."

Alles deutet darauf hin, dass Höttges in den nächsten Wochen die größte Fusion der Firmengeschichte besiegeln dürfte: In den USA soll die Telekomtochter T-Mobile mit dem Konkurrenten Sprint zusammengehen. Beide Mobilfunkanbieter kommen zusammen auf etwa 140 Millionen Kunden, würden mithin nahe an die Marktführer AT&T und Verizon heranrücken. Der Abschluss der Fusion sei "greifbar", so Höttges. "Wir haben mal in den Raum gestellt: 1. April."

Schon heute verdient die Telekom ihr Geld zu 45 Prozent in Amerika; T-Mobile hat zuletzt Jahr für Jahr Millionen Kunden hinzugewonnen. Gelingt der Zusammenschluss mit Sprint, werden die Bonner mehr Geschäft in den USA machen als in Deutschland und dem europäischen Ausland zusammen. Die wichtigsten Bundesbehörden und ein New Yorker Gericht haben der Fusion mittlerweile zugestimmt; Höttges hält das 179 Seiten starke Urteil am Mittwoch demonstrativ in die Kameras. Eine kalifornische Behörde wird den Zusammenschluss nun noch prüfen; diese Hürde gilt in Bonn als überwindbar.

Geschafft: Die Fusion der Mobilfunkanbieter Sprint und T-Mobile (hier eine Filiale am New Yorker Times Square) ist vollzogen. (Foto: Christoph Dernbach/dpa)

Spannender dürfte werden, auf welche Mehrheitsverhältnisse sich die Telekom und der Sprint-Mutterkonzern Softbank aus Japan final einigen werden. Denn seit einer ersten Absichtserklärung, wonach die Telekom zwei Drittel der Stimmrechte am geplanten Gemeinschaftsunternehmen erhalten soll, ist T-Mobile weiter profitabel gewachsen, während Sprint in der Krise steckt. Wird Softbank der Telekom nun weiter entgegenkommen müssen? "Das werden wir jetzt in den nächsten Wochen sehen", gibt sich Höttges bedeckt.

Freilich birgt das Vorhaben in Übersee auch Risiken. So wird es zunächst Milliarden kosten, die Netze von T-Mobile und Sprint zusammenzuführen und den neuen Mobilfunkstandard 5G auch im ländlichen Amerika auszurollen, wie es die Konzerne angekündigt haben. Die hohen Investitionen in den USA sind ein Grund, warum die Telekom in diesem Jahr nur 60 Cent Dividende je Aktie ausschütten will, mithin zehn Cent weniger als zuletzt.

Die zunächst teure Fusion mit Sprint soll keine Investitionen der Telekom hierzulande abwürgen

Umso deutlicher wirbt Höttges für die - nach eigenen Angaben - aufregendste Herausforderung seiner Karriere. "Es tut uns Deutschen gut, wenn ein deutsches Unternehmen es einmal schafft, in einer Schlüsselindustrie, in einer Hightechindustrie, in den USA eine führende Rolle einzunehmen." T-Mobile und Sprint könnten zusammen Marktführer in Amerika werden. "Zumindest ist das unser Anspruch", sagt der Vorstandschef.

Obwohl die Schulden der Telekom mit der Fusion in den USA noch weit über die derzeit schon hohen 76 Milliarden Euro hinausgehen dürften, werde der Zusammenschluss keine Investitionen hierzulande abwürgen, kündigt Höttges an. Denn das Zinsumfeld sei günstig wie nie; die Telekom werde für den Zusammenschluss mit Sprint kein Geld in die USA transferieren.

Konkret will die Telekom in diesem Jahr etwa 13 Milliarden Euro investieren, davon gut fünf Milliarden Euro in Deutschland: in schnelleres Internet, mehr Glasfaseranschlüsse sowie den neuen Mobilfunkstandard 5G. Bislang ist diese Echtzeittechnik, die als Grundlage für Zukunftstechnologien wie das autonome Fahren gilt, bei der Telekom erst in acht Großstädten hierzulande verfügbar; bis Jahresende sollen es freilich schon 20 sein.

Hierbei warte der Konzern auch auf eine Entscheidung der Bundesregierung, welche Sicherheitsanforderungen für Mobilfunknetze der Zukunft gelten werden. Vor allem die USA warnen vor einer möglichen Spionagegefahr bei Ausrüstung von Huawei; der chinesische Lieferant weist diese Vorwürfe zurück. "Wir sind in einem intensiven Diskurs mit der Politik", sagt Höttges. "Unser Kern liegt darauf, dass wir uns unabhängig machen." So arbeitet die Telekom etwa auch mit den europäischen Ausrüstern Ericsson und Nokia zusammen.

In 2019 hat die Telekom erstmals mehr als 80 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet, gut sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Unter dem Strich steht ein Gewinn von 3,9 Milliarden Euro.

© SZ vom 20.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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