Deutsche Post:Ein schneller E-Rfolg

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Der elektronische Brief der Post soll das Briefgeheimnis ins Internet bringen. In Rekordzeit wirbt das Unternehmen eine Million Kunden. Doch die Bewährungsprobe für das Produkt steht noch aus.

Stefan Weber

Jürgen Gerdes hat sein gesamtes Berufsleben bei der Deutschen Post verbracht und sich dort von der Pike auf hochgearbeitet. Vor drei Jahren hatte ihn der damalige Konzernchef Klaus Zumwinkel in den Vorstand berufen - mit Zuständigkeit für das Briefgeschäft, das wichtigste Geschäftsfeld.

Der E-Brief der Post hat schon eine Million Kunden. (Foto: ddp)

Freunde und Kollegen, so erzählt Gerdes gerne, hätten ihm damals zwar artig gratuliert, aber gleichzeitig auch ihr Bedauern ausgedrückt: "Du wirst der Letzte sein, der das Briefgeschäft verantwortet, denn in ein paar Jahren werden die Menschen keine Briefe mehr verschicken." Tatsächlich wird das Briefgeschäft 2010 voraussichtlich nur noch einen Gewinn von gut einer Milliarde Euro abwerfen. Vor ein paar Jahren war es noch doppelt so viel; damals standen Briefe für 90 Prozent der Post-Erträge.

Dass Gerdes derzeit trotzdem guter Dinge ist, hat mit dem flotten Start des elektronischen Briefs, dem E-Postbrief, zu tun. Mitte Juni hatte die Post den Startschuss für diesen neuen Service gegeben, der nach ihren Angaben das Briefgeheimnis ins Internet bringt, weil er eine verbindliche und verlässliche Kommunikation per Mausklick möglich macht. Wer wichtige Dokumente zu verschicken hat oder eine Reise bucht, soll dies über das Internet erledigen können - ohne Gefahr zu laufen, dass Unbefugte die Nachrichten lesen, und im sicheren Wissen, dass die Sendung auch ankommt.

Damit möglichst viele Briefe über das Netz versandt werden, fährt die Post seit vier Monaten eine millionenschwere Werbekampagne. Ob Fernsehen, Internet oder Plakat - kaum jemand kann dem Postboten entgehen, der forsch über die Datenautobahn radelt und für den neuen Service wirbt. Das Werbegeld ist bisher offenbar gut angelegt: Mehr als eine Million Kunden hätten sich bereits ihre persönliche E-Postbrief-Adresse gesichert, teilt die Post mit.

Und um zu unterstreichen, wie stolz man im Bonner Post-Tower über diese Zahl ist, zieht Gerdes gerne einen Vergleich zum sozialen Internet-Netzwerk Facebook: Das habe acht Monate benötigt, um eine Million Nutzer zu gewinnen. Viele Registrierungen sind die Voraussetzung dafür, dass Verkehr auf die Datenautobahn kommt. Dazu müssen die Kunden aber auch Briefe schreiben. Bisher nutzt jedoch erst jeder zehnte Besitzer einer E-Postadresse den Versandweg. Das hängt Gerdes zufolge damit zusammen, dass Firmen und Verwaltung erst langsam auf die sichere elektronische Kommunikation umsteigen.

Mehr als 100 große Unternehmen und Behörden seien bereits Vertragspartner für den E-Postbrief. Sie würden in den kommenden Wochen an die technische Plattform angeschlossen. "Dann werden sehr bald auch alle Inhaber einer Adresse das System nutzen", hofft der Post-Vorstand. Seit Dienstag ist das Portal zudem für kleine und mittelgroße Unternehmen geöffnet, von denen sich in den vergangenen Wochen nach Post-Angaben mehr als 2500 für den E-Brief interessiert haben. Um die Zahl der Nutzer weiter zu erhöhen, setzt das Unternehmen auch die Briefträger als Werber ein. Sie sollen die Kunden auf den neuen Service aufmerksam machen und erhalten für jede neue Adresse eine Prämie.

Dass die Post so aufs Tempo drückt, hat seinen Grund. Denn mit der De-Mail wird in etwa einem halben Jahr ein ähnlicher Dienst an den Start gehen. Dahinter stehen die Deutsche Telekom und die United Internet AG, die unter anderem die E-Maildienste GMX und Web.de betreibt. Mit ihren vielen Millionen E-Mail-Nutzern besitzen sie ein großes Kundenpotential, das sie für den neuen Service gewinnen können. Noch ist ausgerechnet die Telekom der größte E-Post-Kunde. Das Telekommunikationsunternehmen hat den Ausdruck und den Versand der monatlichen Kundenrechnungen an die Post übertragen.

Welche Umsatz- und Ertragsziele der Logistikkonzern mit dem E-Postbrief verbindet, dazu macht Gerdes keine Angaben. Aber natürlich gehe es um dreistellige Millionensummen, sagt er. "Sonst macht das alles ja keinen Sinn." Ob das Produkt ein Erfolg sei, lasse sich sicher aber erst in drei bis fünf Jahren abschätzen.

© SZ vom 05.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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