Deutsche Post:Die Marken werden schon gedruckt

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Wer wirft denn da noch was ein? Ein einsamer Briefkasten auf dem Land, das Porto steigt und die Zahl der Briefkästen sinkt gleichzeitig. (Foto: Nora Frei, Mauritius Images)

Der Konzern kalkuliert bereits mit 80 Cent je Brief. Fragen und Antworten zur größten Portoerhöhung aller Zeiten.

Von Benedikt Müller

Briefeschreibern dämmert nun, wie stark die Deutsche Post das Porto erhöhen will: Ein Standardbrief soll von Juli an 80 statt bisher 70 Cent kosten, eine Postkarte 60 statt bislang 45 Cent. Das geht aus einer Mitteilung des Konzerns an Großkunden hervor, aus dem die FAZ zitiert. Mithin steht die stärkste Erhöhung in der Geschichte des Konzerns bevor. Die neuen Preise sollen bis Ende 2021 gelten.

Warum will die Post das Porto erhöhen?

Sie verweist darauf, dass Kunden immer weniger Briefe schicken, zugleich aber die Kosten steigen. Im vergangenen Jahr hat der Konzern etwa 12,1 Milliarden Briefe transportiert, schätzt die Bundesnetzagentur. Das ist gut eine Milliarde weniger als 2015 - und es sind zwei Milliarden weniger als 2013. Die Postboten haben andererseits höhere Löhne ausgehandelt. "Wenn man möchte, dass wir unsere Leute gut bezahlen, dann muss man uns einen gewissen Preiserhöhungsspielraum zugestehen", sagte Finanzvorstand Melanie Kreis kürzlich im SZ-Interview.

Sind die neuen Preise schon genehmigt?

Nein. Die Netzagentur muss die Porti noch genehmigen, weil die Post so mächtig auf dem Briefmarkt ist. Der frühere Staatskonzern trägt noch immer gut 80 Prozent der Briefe hierzulande aus. Die Genehmigung besteht aus mehreren Schritten: Die Netzagentur hatte im April vorgeschlagen, dass die Post alle Briefprodukte im Durchschnitt um 10,6 Prozent verteuern darf. Dabei berücksichtigt die Behörde Kosten und Mengen des Konzerns, aber auch Gewinnmargen anderer Postunternehmen in Europa. Die Konkurrenten der Post konnten zu der Rechnung bis vor Kurzem Stellung nehmen. Die Netzagentur will diese sogenannte Maßgröße im Laufe der nächsten beiden Wochen endgültig festlegen. Erst dann kann die Post konkrete Preise beantragen. Dennoch gilt es als üblich in der Branche, dass der Konzern großen Kunden eine Orientierung nennt, wie stark er das Porto erhöhen wird, falls alles so kommt, wie erwartet.

Druckt die Post jetzt neue Briefmarken?

Ja. Der Konzern hat erste Briefmarken mit den erwarteten Portowerten in den Druck gegeben, wie ein Sprecher bestätigt. Dies sei nötig, damit die Preise rechtzeitig in Kraft treten könnten. In jedem Fall können Kunden sogenannte Ergänzungsmarken für fünf, zehn oder 20 Cent kaufen, damit sie bisherige Marken auch künftig nutzen können. Und die Automaten der Post drucken ohnehin Briefmarken jeden beliebigen Centbetrags aus.

Wie viel Einfluss hat der Staat auf s Porto?

Diesmal hat der Bund großen Einfluss genommen. Denn ursprünglich wollte die Netzagentur nur einen Anstieg um 4,8 Prozent genehmigen. Doch das war der Post zu wenig; sie drohte mit Sparprogrammen. Im März hat die Bundesregierung dann die Regeln für Portoerhöhungen geändert. Seitdem berücksichtigt die Netzagentur nicht mehr, wie viel Gewinn rein staatliche Postunternehmen in Europa erwirtschaften; diese sind nicht so sehr auf Rendite getrimmt. So ist etwa die rumänische Poșt aus dem Vergleich gefallen. Sie verlangt nur 28 Cent pro Standardbrief. Konkurrenten der Deutschen Post kritisieren den Eingriff der Politik: Es sei befremdlich, "dass die Regierung einem Börsenkonzern zusätzliche Gewinne ermöglicht, die hauptsächlich von Haushalten sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen eingenommen werden", schimpfte der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).

Ist die Post im Ländervergleich teuer?

Mit 80 Cent pro Standardbrief läge die Deutsche Post im oberen Mittelfeld. Stand jetzt sind Standardbriefe in neun europäischen Staaten teurer als 80 Cent, aber in 21 Ländern günstiger. Das zeigt ein Vergleich der Netzagentur. Am teuersten ist ein Standardbrief in Finnland, mit 1,50 Euro. Am günstigsten sind Briefe auf Malta mit 26 Cent. Freilich ist die Logistik in dem Inselstaat auch deutlich einfacher als in großen Flächenstaaten wie Deutschland.

Geht es der Deutschen Post so schlecht?

Nein, aber sie hat ehrgeizige Ziele. Für das vergangene Jahr meldet der Dax-Konzern einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von knapp 3,2 Milliarden Euro. Das Brief- und Paketgeschäft hat dazu gut 650 Millionen Euro beigesteuert. Die Post verdient das meiste Geld also mit der internationalen Logistik ihrer Tochter DHL. Schon im nächsten Jahr will der Konzern fünf Milliarden Euro Betriebsgewinn erwirtschaften. "Wir wollen profitabler werden, damit wir uns die Investitionen leisten können, die wir tätigen müssen", sagte Finanzchefin Kreis, "um für dieses Unternehmen und seine 550 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine langfristige Perspektive zu schaffen". Übrigens profitiert auch der Staat von den Gewinnen: Der Bund hält über die staatliche KfW noch immer 21 Prozent der Post-Aktien.

Will die Post mehr Produkte verteuern?

Ja. Der Mitteilung an die Großkunden zufolge sollen die größeren Produkte Kompaktbrief, Groß- und Maxibrief um jeweils zehn Cent teurer werden. Die Preise für Auslandssendungen sollen um 20 Cent steigen. Das Porto für Einschreiben will der Konzern um fünf Cent anheben. Die Preise für Pakete fallen zwar nicht unter die Regulierung der Netzagentur, da die Post auf dem Paketmarkt stärkere Konkurrenz hat. Doch versucht der Konzern auch dort, höhere Preise mit Großversendern wie Amazon auszuhandeln. Privatkunden müssen schon seit Januar mehr Geld für Pakete zahlen. Und bereits im vergangenen Sommer hat die Post die Preise für Bücher- und Warensendungen angehoben.

© SZ vom 25.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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