Deutsche Bank:Wer sich schämen muss

Lesezeit: 2 min

Die Diskussion um die Bankenkrise in Deutschland konzentriert sich jetzt wieder auf eine vertraute Reizfigur: Josef Ackermann.

Martin Hesse

"Ich würde mich schämen, wenn wir in der Krise Staatsgeld annehmen würden", wird der Chef der Deutschen Bank im Spiegel zitiert.

Das ist eine ungeheuerliche Aussage aus dem Munde eines Managers, der diese Krise als Bankchef mitverursacht, die Hilfe des Staates eindringlich gefordert und an dem nun geschnürten Rettungspaket hinter den Kulissen intensiv mitgewirkt hat.

Ackermanns Aussagen dürften die Debatte um seine Person und das Ansehen von Managern erneut anheizen. Sie haben aber vor allem eine heikle ökonomische Dimension: Sie gefährden das Gelingen des Rettungsplans.

Es hilft wenig, dass die Deutsche Bank versichert, Ackermann habe das so wörtlich nicht gesagt, die Aussagen seien nur kolportiert worden. Ein hartes Dementi klingt anders.

Tatsächlich hatte der wohl einflussreichste Banker Deutschlands in einem Bild-Interview gefordert, es dürfe nicht dazu kommen, "dass aus falschem Prestige-Denken hilfsbedürftige Banken die von der Regierung angebotene Hilfe nicht in Anspruch nehmen."

Unterschiedliche Sprache

Auf dieses Zitat verweist nun die Deutsche Bank und das muss auch die ganz selbstverständliche Haltung in Politik und Wirtschaft zu dem Rettungsplan sein. Wird eine Inanspruchnahme des Notplans für eine Bank zum Stigma, dann besteht die Gefahr, dass er sein Ziel verfehlt.

Es entsteht der problematische Eindruck, dass Ackermann intern anders spricht, als er es nach außen hin für opportun hält. In dieser für die gesamte Branche und auch für sein Haus so brisanten Situation kann er sich das als selbsternannter Sprecher der Finanzindustrie nicht leisten.

Wer wenn nicht Ackermann muss sich bewusst sein, dass jedes seiner Worte Sprengstoff enthält? Und an welchen Ackermann soll die Welt glauben? Den, der es für ein peinliches Zeichen der Schwäche hält, staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, oder den, der ein solches Verhalten nicht nur für unbedenklich, sondern für geboten hält?

Ackermann hat sich seit Ausbruch der Krise immer wieder als Vorzeige-Banker inszeniert. Zwar räumte er früh auch Fehler ein, zuletzt sprach er jedoch vor allem über seine Rolle als Krisenmanager.

Dabei ist es selbstverständlich, dass er als Chef des internationalen Bankenverbandes für eine Selbstregulierung der Branche eintritt. Sein via Bild-Zeitung verbreiteter Bonus-Verzicht wirkt vor allem populistisch. Der Bonus dürfte in diesem Jahr ohnehin weitaus niedriger ausfallen, außerdem kommt das Geld Mitarbeitern der Deutschen Bank zugute, nicht etwa geschädigten Steuerzahlern. Das muss auch nicht sein. Aber muss es sein, diesen Verzicht so zu inszenieren?

Stets betont Ackermann, wie gut seine Bank durch die Krise gekommen sei. Das stimmt. Ackermann verschweigt aber, dass die Investmentbank in großem Stil jene neuen Finanzprodukte kreiert und vertrieben hat, die jetzt als Giftmüll gelten und an denen das Geldsystem zu verrecken droht. Für das clevere Geschäftsmodell, Produkte und Kredite zu kreieren, aber die Risiken nicht selbst in der Bank zu behalten, rühmt sich Ackermann in der Branche. Die Finanzkrise so mitverursacht zu haben, wäre ein Anlass, sich zu schämen - nicht eine Inanspruchnahme staatlicher Hilfe.

Warum? Ackermann hat selbst betont, dass es sich um eine systemische Krise handle, die einen Eingriff der Staaten notwendig mache. Das bedeutet, dass alle Banken in ihrer Existenz gefährdet sind - auch Institute, die in der Krise keine gravierenden Fehler gemacht haben und auch die Deutsche Bank. Insofern sollte es keiner Bank einen Reputationsschaden zufügen, staatliche Rettungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen.

Es ist auch unehrlich, wenn Ackermann suggeriert, die Deutsche Bank nehme keinerlei staatliche Hilfe in Anspruch. Zwar kommt sie ohne direkte Hilfe aus, profitiert aber als größtes deutsches Kreditinstitut von einer impliziten Staatsgarantie - die Deutsche wäre die letzte Bank, die der Staat hier fallen lassen würde. Deshalb hat Ackermann leicht reden.

© SZ vom 21.10.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: