Finanzkrise:Der Staat rettet den Staat

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Viele private Banken wollen sich nicht vom Staat retten lassen. Die halbstaatlichen Landesbanken aber haben nichts mehr zu verlieren.

Hans von der Hagen

Mit einer halben Billion Euro steht der Bund nun bereit, um die Banken zu retten. Kanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück sind zu Polit-Helden geworden.

Die ersten Landesbanken rufen "hier" - und der Staat eilt herbei. (Foto: Foto: ddp)

Und die Bürger, so scheint es, dürfen aufatmen: "Ist ja gerade noch mal gutgegangen." Nur - was ist gutgegangen? Wer hat den Abgrund gesehen? Wie tief war er?

Genauer wissen es nur die, die ihn selbst geschaufelt haben: die Banken. In ihrem Zahlenwerk ist das wahre Ausmaß des Desasters bestens verschleiert.

Über Monate überspannte immer noch eine Brücke den Abgrund. Diese Brücke wurde gebildet aus dem tief in der Finanzgemeinde verwurzelten Glauben, dass die Regierung nie eine der großen Banken pleitegehen lassen würde.

Der Tag, an dem es dann doch geschah - als die US-Investmentbank Lehman unter das US-Konkursrecht flüchtete - hat die Welt mehr verändert, als es sich viele Politiker derzeit eingestehen mögen.

Verhängnisvolle Pleite

Die Brücke brach ein. Der fatale Glaube an den Staat ging verloren - und musste durch reales öffentliches Geld ersetzt werden. Womöglich hat erst die Lehman-Pleite die Rettungspakete in dieser Größenordnung notwendig gemacht.

Nun tritt ein seltsames Phänomen zutage: Viele Banken wollen Geld - aber nicht zeigen, wie tief der Abgrund bei ihnen ist. Darum üben sie sich in Zurückhaltung, selbst wenn die Öffentlichkeit bei Inanspruchnahme von der Politik bereits reduziert wurde.

Eine Reihe von Finanzinstituten hat allerdings nichts mehr zu verlieren: die Landesbanken. Staatliche Einmischung sind sie ohnehin schon gewöhnt, die Gehaltsbegrenzung wiegt hier nicht so schwer und der Ruf ist längst ruiniert. Darum steht nun die erste schon am Geldtopf. Die Bayerische Landesbank könnte gleich bis zu fünf Milliarden Euro gebrauchen.

Die bittere Erkenntnis ist also: Mit dem Rettungspaket rettet der Staat zunächst mal sich selbst - Banken, an denen Bundesländer beteiligt ist. Zumindest an dieser Stelle wird die Tiefe des Abgrunds sichtbar.

Es ist unfassbar: Das Desaster der Landesbanken wurzelt im unklaren, staatlich geförderten Dasein dieser Institute, es wurzelt in der laschen Aufsicht des Eigentümers Staat und es wurzelt in dem fatalen Sicherheitsgefühl, das die Anwesenheit der öffentlichen Gesellschafter bei den Anlegern auslöste.

Zur Erinnerung: Kurz vor dem Wegfall der staatlichen Garantie haben sich die Landesbanken eilig noch auf Vorrat mit billiger Liquidität eingedeckt. Sie brauchten sie nicht, darum floss das Geld - in die US-Immobilienpapiere. Die Entwicklung der Krise bei den Landesbanken birgt derart viele ironische Elemente, dass man nur noch ächzen kann.

Das Wort Landesbank ist zum Synonym für Versagen geworden, selbst wenn - was zuweilen vergessen wird - nicht alle Landesbanken in der Finanzkrise heruntergewirtschaftet wurden.

Der Bund wirft nun denen als Erstes die Rettungsleine zu, die zuvor unter staatlicher Aufsicht besonders eifrig im Abgrund buddelten.

Was kommt danach? Wie geht die Geschichte der Landesbanken weiter? Merkel und Steinbrück haben noch viel Arbeit vor sich - und den Ruf als Helden der Finanzwirtschaft noch nicht verdient.

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