Deutsche Bank:Der Neue streicht die Dividende

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John Cryan ist bei der Deutschen Bank angetreten um aufzuräumen. Das sorgt für Verluste, weshalb er auch Aktionären Geduld abverlangt.

Die Aktionäre der Deutschen Bank werden in diesem und im nächsten Jahr - und damit erstmals seit den 1950er Jahren - auf eine Gewinnausschüttung verzichten müssen. Das teilte Deutschlands größtes Geldhaus am späten Mittwochabend mit. "Der Vorstand erwartet, ab dem Geschäftsjahr 2017 eine Dividende in Höhe einer wettbewerbsfähigen Ausschüttungsquote vorzuschlagen." Die Deutsche Bank hatte vor knapp drei Wochen den höchsten Milliardenverlust der Firmengeschichte bekanntgegeben: Das Geldhaus erwartet für das dritte Quartal unter dem Strich 6,2 Milliarden Euro Verlust. Das ist noch mehr als zum Höhepunkt der Finanzkrise 2008, als die Lehman-Pleite die Finanzwelt schockte.

Nach dem großen Aufräumen will die Deutsche Bank den Blick wieder nach vorne richten. Vier Monate nach seinem Amtsantritt legt der neue Konzernchef John Cryan an diesem Donnerstag in Frankfurt die Details seiner Strategie vor. Dabei werden weitere harte Einschnitte erwartet: Zuletzt hatte es in Finanzkreisen geheißen, dass über die bereits im April beschlossene Trennung von der Postbank hinaus bis zu 10 000 Stellen auf der Kippe stünden.

Der neue Chef räumt auf. Das sorgt zunächst für horrende Verluste

Der historische Dividendenausfall ist zwar Teil einer Mitteilung über den am Mittwochabend vom Vorstand beschlossenen Plan "Strategie 2020". Darin sind aber im wesentlich nur eine Reihe wichtiger und ehrgeiziger Finanzkennzahlen enthalten, die die Bank in den nächsten Jahren erreichen will. Dazu gehört eine "harte Kernkapitalquote" von mindestens 12,5 Prozent ab Ende 2018. Zum Vergleich: Die Europäische Zentralbank (EZB) verlangt von Europas Bankkonzernen eine Quote von acht Prozent hartem Kernkapital. 100 Euro in Risikopositionen muss eine Bank also mit mindestens 8 Euro eigenem Geld abdecken.

In der Bilanz wurde unter Cryan derart kräftig ausgemistet, dass Deutschlands größtes Geldhaus die Märkte vor drei Wochen bereits mit einem Rekordverlust schockierte. Grund sind gigantische Abschreibungen vor allem auf den Wert der Tochter Postbank, von der die Deutsche Bank sich trennen will, und das nicht mehr so lukrative Investmentbanking. Für Rechtsrisiken legte die Bank weitere 1,2 Milliarden Euro zurück. Nach der Bilanz war wenig später das Top-Management an der Reihe. Sparten werden neu zugeschnitten, zahlreiche altgediente Führungskräfte gehen, das Investmentbanking wird aufgeteilt.

Der ehemalige UBS-Finanzvorstand Cryan hatte zum 1. Juli Anshu Jain an der Führungsspitze der Deutschen Bank abgelöst. Schon gleich nach seinem Amtsantritt hatte Cryan beklagt, die Deutsche Bank sei viel zu komplex, die Kosten seien "verschwenderisch" hoch. Im vergangenen Jahr musste die Bank für jeden Euro, den sie verdient, fast 87 Cent aufwenden - im Branchenvergleich viel. Der zweite Co-Chef Jürgen Fitschen bleibt noch bis zur Hauptversammlung im Mai 2016 im Amt, ehe der Brite alleine das Ruder übernimmt. Mit Spannung wird Cryans öffentlicher Auftritt bei der Pressekonferenz am Donnerstag erwartet - bisher hatte er sich in der Öffentlichkeit weitestgehend zurückgehalten.

© SZ vom 29.10.2015 / dpa, Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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