Deutsche Bahn:Ab auf die Straße

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Die Deutsche Bahn macht sich selbst Konkurrenz - und setzt im kommenden Jahr auf mehreren Strecken Fernbusse ein. Motto: Billiger geht immer.

Daniela Kuhr

Die Deutsche Bahn will im kommenden Jahr mit mehreren neuen Fernbuslinien an den Start gehen. Bereits von Januar an plant die Konzerntochter Bex, bis zu zwei Mal täglich zwischen Köln und Hamburg zu fahren, und zwar in beide Richtungen. Auch auf den Strecken Passau-München-Hamburg-Lübeck, Dresden-Köln-Düsseldorf, Stuttgart-Bremen-Oldenburg sowie Bielefeld-Hannover-Hamburg Flughafen sollen Fernbusse fahren. Bex habe bereits bei verschiedenen Regierungsbehörden Genehmigungen beantragt, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn und bestätigte damit einen Bericht der Wirtschaftswoche.

Die Deutsche Bahn stärkt ihr Busangebot und nimmt die preisorientierten Fahrgäste in den Blick. (Foto: dpa)

Das Angebot zielt vor allem auf preisorientierte Fahrgäste ab. So soll die Busfahrt von Köln nach Hamburg bereits für 35 Euro gebucht werden können. Zum Vergleich: Das ICE-Ticket auf dieser Strecke kostet für Inhaber einer Bahncard 50 immerhin 44,50 Euro. Dafür dauert die Fahrt mit dem ICE aber auch nur vier Stunden 14 Minuten, während sie mit dem Bus siebeneinhalb Stunden dauern wird. Vereinzelt soll es über Rabattaktionen auch günstigere Tickets geben.

Mit ihren Anträgen reagiert die Bahn auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Juni, das von großer Bedeutung für Fernbus-Linien in Deutschland war. Bis dahin spielten sie hierzulande keine große Rolle. Grund dafür ist eine Vorschrift im Personenbeförderungsgesetz. Sie besagt, dass eine Fernbus-Linie immer dann zu untersagen ist, wenn die Strecke schon von anderen "befriedigend bedient" wird und das neue Angebot keine wesentliche Verbesserung bringt. Beantragte ein Busunternehmen also die Fahrerlaubnis für eine bestimmte Fernstrecke, so haben Regierungsbehörden ihm dies in der Vergangenheit oft mit dem Hinweis darauf untersagt, dass auf der Strecke bereits Bahnverkehr existiert. So sollte das öffentlich finanzierte System Schiene geschützt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied aber, dass die Vorschrift anders auszulegen sei. Demnach kann es für eine Genehmigung genügen, wenn das Busticket auf einer Strecke deutlich billiger ist als die Bahnfahrkarte. Seither muss die Bahn verstärkt mit Konkurrenz rechnen, zumal auch das Verkehrsministerium an einer Gesetzesnovelle arbeitet und den Markt liberalisieren will. Doch genau so, wie sich derzeit private Busunternehmen in Stellung bringen, versucht es auch die Bahn. Schon jetzt verfügt sie über ihre Töchter Bex, Autokraft und Regiobus Dresden über die größte Busflotte in Deutschland und betreibt 22 Fernbus-Linien.

Die Anträge auf weitere Linien sind für den Konzern eine Art Test. Man wolle herausfinden, wie die Regierungsbehörden mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts umgehen, hieß es in Bahnkreisen: ob sie tatsächlich häufiger Fernbus-Linien genehmigen oder nicht. Allerdings hält man es auch für möglich, dass vorerst überhaupt keine weiteren Linien genehmigt werden. Denn womöglich wollen die Behörden erst abwarten, wie die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes genau ausfällt. Nach dem, was aus Ministeriumskreisen zu hören ist, soll der Markt stark liberalisiert werden.

Bei den Busunternehmern beobachtet man das Verhalten der Bahn "interessiert, aber gelassen". Er vertraue ganz auf Politik und Kartellamt, sagte Gunther Mörl, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Omnibusunternehmen. "Die werden sehr genau darauf achten, dass die Deutsche Bahn nicht auch in diesem Bereich eine Monopolstellung bekommt." Dass der Staatskonzern Konkurrenz nicht schätzt, erleben derzeit drei BWL-Studenten aus Offenbach. Sie haben mit "DeinBus" eine Bus-Mitfahrzentrale gegründet - und müssen sich an diesem Freitag vor dem Landgericht Frankfurt gegen eine Unterlassungsklage der Bahn wehren.

© SZ vom 16.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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