Demografiefonds:Auf die Alten setzen

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Einfach mal gemeinsam spazieren gehen, Einkaufstüten tragen oder gemeinsam einen Behördengang erledigen: Schon kleine Dinge können älteren Menschen sehr helfen. Im Gegenzug dürfen Mieter günstiger wohnen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Zahlungskräftig und konsumfreudig: Senioren sind für die verschiedensten Unternehmen interessant. Auch Fondsgesellschaften machen sich dies zunutze und legen entsprechende Themenfonds auf.

Von Katharina Wetzel

Senioren wecken besondere Begehrlichkeiten. Sie gelten als zahlungskräftig. Und sie haben auch die Zeit, um ihr Geld auszugeben. Kein Wunder also, dass auch Fondsgesellschaften diese potente Zielgruppe ins Visier nehmen und entsprechende Themenfonds anbieten.

Die Genfer Privatbank Lombard Odier lancierte bereits im November 2009 ihren "Golden Age"-Fonds. Andere Häuser wie die Investment-Boutique CPR oder die Fonds-Gesellschaften Fidelity und Schroders haben ähnliche Produkte aufgelegt, die "Silver Age", "Global Demographics" oder "Global Demographic Opportunities" heißen. Ihnen gemeinsam ist, dass sie auf die Alterung der Gesellschaft setzen. Und darauf bauen, dass sich die Zielgruppe "55 plus" besonders konsumfreudig zeigt. So schluckt der aus dem Fonds entsprungene Klischeerentner brav seine Arthritis- und Vitaminpillen, lässt sich seine Falten mit Botox wegspritzen und schippert auf Kreuzfahrtschiffen durch die Meere, wenn er nicht gerade Cabrio fährt oder mal wieder neue Brillengläser braucht.

"Ein Käufer eines Mercedes der S-Klasse ist in den USA im Durchschnitt 62 Jahre alt", sagt Johan Utterman. Der Fondsmanger von Lombard Odier Investment Managers hat den Seniorenmarkt untersucht und ist überzeugt, dass bestimmte Unternehmen von der immer älter werdenden Bevölkerung überdurchschnittlich profitieren werden. So wachse die Generation der Babyboomer dreimal so schnell wie die jüngere Generation. "In Ländern wie den USA oder Japan besitzen Senioren fast drei Viertel des gesamten Vermögens", sagt Utterman.

Entsprechend den Vorlieben und Gewohnheiten der Älteren investiert der "Golden Age"-Fonds in Unternehmen aus dem Gesundheits-, Konsumgüter- und Finanzsektor. Unter den zehn größten Titeln befinden sich etwa der Kreuzfahrtanbieter Norwegian Cruise Line, der Pharmakonzern Roche und der Vermögensverwalter Blackrock. Zweitgrößter Posten im Portfolio ist Allergan, Hersteller von Botox-Präparaten. Die Fonds von CPR, Fidelity und Schroders haben eine ähnliche Zusammensetzung. Auffällig ist, dass der Sektor Gesundheit jeweils stark vertreten ist. Das sei ein Grund, warum sich die Fonds in den vergangenen Jahren auch überdurchschnittlich gut entwickelt haben, meint Barbara Claus, Fondsanalystin der Ratingagentur Morningstar: "Der Gesundheitssektor hat über die vergangenen fünf Jahre am besten abgeschnitten." Dies habe sich auf die Performance der Fonds ausgewirkt.

Der Fonds Global Demographics von Fidelity hat etwa in den vergangenen drei Jahren den Vergleichsindex MSCI World geschlagen. Während der Fonds von Lombard Odier auf die Alterung der Gesellschaft setzt, hat Fidelity noch zwei andere demografische Entwicklungen im Fokus: eine wachsende Weltbevölkerung und steigenden Wohlstand in Schwellenländern. Bis zu 30 Prozent kann der Fonds laut Prospekt in Schwellenländertitel investieren.

Das nachlassende Wirtschaftswachstum in China, der mögliche Schock, wenn die US-Notenbank die Zinsen wieder anhebt, bereiten Hilary Natoff, Fondsmanagerin bei Fidelity, keine Sorgen. Gerade in den Schwellenländern wachse eine neue Mittelschicht heran. Bestimmte Unternehmen würden davon profitieren. Als Beispiel nennt sie Pharma-Firmen und Brillenhersteller.

"Doch die Performance der Vergangenheit ist noch kein Garant für die Zukunft", warnt Fondsanalystin Claus. Eine hohe Sektorkonzentration kann sich auch schnell negativ auswirken, wenn sich die Unternehmen in dem Bereich schlechter entwickeln. "Wer noch keinen Aktienfonds im Portfolio hat, sollte eher ein breiter aufgestelltes Investment wählen, das sich nicht nur auf einen oder einige wenige Sektoren konzentriert", sagt Claus.

Marc Oliver Rieger, Professor an der Universität Trier, kann Themenfonds generell nicht viel abgewinnen. "Ob Wasser, Energie oder Demografie - langfristig sind Themenfonds wegen der höheren Risiken keine gute Anlagestrategie." Er rät Anlegern eher zu einem breit diversifizierten Mischfonds oder einem Aktien-ETF. Demografiefonds seien für die Fondsgesellschaften ein schöner Marketinggag, um Geld zu verdienen.

© SZ vom 07.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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