Degler denkt:Die Blockade der Banker

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Während Regierungen viel tun, um die Folgen der Finanzkrise zu mildern, blockieren die Banken: Die Zinsen sind hoch, die Kreditvergabe lässt nach.

Dieter Degler

Eigentlich hätten die von der großen Krise betroffenen Arbeitnehmer, Geldanleger und Steuerzahler ja in den vergangenen Monaten vom Bankengewerbe mal ein Wort der Entschuldigung hören können, das wäre schon aus Imagegründen ganz hilfreich für die Branche gewesen.

Einfach mal verzockt: Die Herren in Nadelstreifen halten sich vornehm zurück. Reue? Fehlanzeige! (Foto: Foto: istock)

Aber nein, die Herren in Nadelstreifen halten sich vornehm zurück, treten auch nicht öffentlich auf - oder haben Sie die Chefs von Hypo Real Estate, IKB oder Commerzbank schon mal bei Anne Will, Reinhold Beckmann oder Maybrit Illner gesehen und ein "Tut mir echt leid" gehört?

Da werden wir alle wohl noch lange warten können. Denn jene, die das Desaster der Finanzkrise angerichtet haben, denken offenbar weder daran, ihre Schuld oder Mitschuld zu bekennen - noch daran, tatkräftig an der Lösung der von ihnen verursachten Probleme mitzuwirken.

Es ist verrückt: Die Regierungen kämpfen um jeden Deal und Arbeitsplatz, spannen Rettungsschirme auf, verteilen Massekredite, subventionieren Kurzarbeit und versprechen sogar, wie die Union, Steuersenkungen, um den Konsum nicht einbrechen zu lassen. Das Buhmann-Gewerbe dagegen konterkariert die gewaltigen politischen Anstrengungen: Statt das frische Geld, das ihnen die Zentralbanken zur Stimulierung des Kreditmarktes überlassen, sofort in den Wirtschaftskreislauf zu pumpen, legen Banken das Geld lieber an. Die Banker lassen Verbraucher und kreditabhängige Unternehmen weiter warten.

Die Europäische Zentralbank hat die Geldhäuser massenhaft mit billigster Liquidität versorgt - zuletzt in der vergangenen Woche mit 442 Milliarden Euro. Die Geldhäuser aber stellen sich stur: Die Kosten für Konsumentenkredite werden weiterhin hoch gehalten - obgleich die Zinsen, welche die Banken zahlen, bei nur einem Prozent liegen.

Die Wirtschaft wiederum klagt über die schleppende Bewilligung und Auszahlung von Krediten. Um zwei Prozent sank die Kreditvergabe im ersten Quartal 2009, im zweiten wird mit einem Minus von vier bis acht Prozent gerechnet.

Doch ohne das Geldverleihen läuft im Kapitalismus nichts. Es ist, wie der Harvard-Finanzhistoriker Niall Ferguson sagt, das "Fundament der Wirtschaft". In seinem jüngsten, sehr empfehlenswerten Buch "Der Aufstieg des Geldes" legt er dar, wie die Weltwirtschaft ohne ein raffiniertes Kreditwesen "zum Stillstand" käme.

Das ist besonders für die Exportnation Deutschland von Bedeutung. Stagniert die Weltwirtschaft nach dem Ende des Abschwungs, müssten besondere Anstrengungen für den Binnenmarkt unternommen werden. Doch das scheint der Kreditwirtschaft ziemlich schnuppe zu sein. Die plötzlich risikoscheuen Banker haben beispielsweise bei der EZB viel Geld liegen. Dort beliefen sich die Bankenguthaben am vorigen Wochenende auf eine knappe Viertelbillion Euro.

Die Regel, dass Regierungen sich aus der Privatwirtschaft weitgehend heraushalten sollten, gilt ja unter der aktuellen Bundesregierung ohnehin nicht mehr. Deshalb wäre es hilfreich, wenn die Herren Steinbrück und Guttenberg den Damen und Herren Vorständen einmal nachdrücklich erklären würden, was sie jetzt vom Bankengewerbe erwarten.

Sie sollen mit ihrem Geld die Wirtschaft wieder flottmachen.

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