Cum-Ex-Steuerskandal:Kronzeuge im Kreuzverhör

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Zentrale der M.M. Warburg in Hamburg: Der frühere Generalbevollmächtigte der Privatbank steht wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung vor Gericht. (Foto: Morris MacMatzen/Getty Images)

Am dritten Verhandlungstag des zweiten Cum-Ex-Prozess greift die Verteidigung einen wichtigen Zeugen an. Doch der hält stand.

Von Jan Willmroth und Nils Wischmeyer, Bonn

Der Kronzeuge S. kam wieder mit Verstärkung, links und rechts von ihm seine erfahrenen Strafverteidiger, diesmal würde es ungemütlich. Für Mittwoch und Donnerstag hatte ihn das Landgericht Bonn im zweiten dort verhandelten Cum-Ex-Prozess geladen, und ein wenig wiederholte sich dort in Saal 0.11 die Geschichte. S. erzählte, wie die mittlerweile als strafbar eingestuften Cum-Ex-Geschäfte liefen: Aktienkreisgeschäfte zulasten des Fiskus, ausgedacht in Anwaltskanzleien, umgesetzt mit milliardenschweren Hedgefonds unter kräftiger Mithilfe von Banken aus dem In- und Ausland. Und zunächst hörten ihm alle geduldig zu, wie bereits im September 2019, als er an derselben Stelle schon einmal auftrat.

Doch die Verteidiger des Ex-Bankers wollten den Kronzeugen nicht so leicht davonkommen lassen. Schon in den ersten Minuten zweifelten sie seine Aussagen an, sagten gar, sie könnten ihm eine Antwort nicht abnehmen oder eine Schlussfolgerung sei nicht schlüssig. Ihr Ziel schien es zu sein, die Glaubwürdigkeit des wohl wichtigsten Belastungszeugen in zahlreichen Cum-Ex-Verfahren der Staatsanwaltschaft Köln infrage zu stellen.

Anders als beim ersten Mal, ist diesmal ein ehemaliger Generalbevollmächtigter der Privatbank M. M. Warburg und damit erstmals ein deutscher Banker angeklagt. 13 Fälle von schwerer Steuerhinterziehung werfen die Kölner Ermittler dem Mann vor, der ebenso wie Warburg abstreitet, sich jemals strafbar gemacht zu haben und der bisher vor Gericht schweigt. Seine Verteidigerin schaltete schon am ersten Prozesstag auf Gegenwehr. Sie hat das Gericht bereits zwei Mal gerügt, beantragte etwa, das Verfahren aussetzen zu lassen, oder versuchte, das Gericht für nicht zuständig zu erklären. Und so begegneten sie auch dem Kronzeugen kritisch.

Dessen Worte aus den vergangenen zwei Tagen dürften vielen im Saal bekannt vorgekommen sein. S. schilderte noch einmal, wie er als Anwalt die Bodenhaftung verlor, als er mit seinem einstigen Ziehvater, dem prominenten Steueranwalt Hanno Berger, von einem Frankfurter Wolkenkratzer aus die Geschäfte auf den Weg brachte und durch die illegalen Aktiendeals unter Beteiligung von Warburg Millionen anhäufte. Und was der Angeklagte davon alles gewusst haben soll. In zahlreichen Aussagen bei der Staatsanwaltschaft hat der Kronzeuge den früheren Warburg-Manager schwer belastet. Dieser sei in wesentliche Entscheidungsprozesse eingebunden gewesen, habe den Charakter der steuerschädlichen Aktiengeschäfte genau verstanden und später über Scheinrechnungen hohe Millionen-Provisionen an den Kronzeugen und dessen Kanzleipartner gezahlt.

Wo der Vorsitzende Richter Roland Zickler den Zeugen noch ausführlich davon erzählen ließ, hakten die Verteidiger nach und brachten den sonst so sicheren Erzähler teils sogar ein wenig ins Wanken. Aber nur kurzzeitig. So entschieden sie versuchten, seine Aussagen zu entkräften, so klar blieb der Eindruck: Das Gericht scheint ein zweites Mal dem zu folgen, was der Kronzeuge Belastendes vorzutragen hat.

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