Cum-Ex-Razzia:Bank im Zwielicht

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Für die Varengold-Bank und deren frühere Manager interessieren sich die Ermittler besonders.

Von Klaus Ott, Jörg Schmitt und Jan Willmroth, Frankfurt

Mit der zwielichtigen Vergangenheit seines Instituts will Bernhard Fuhrmann am liebsten nichts mehr zu tun haben. Das machte er deutlich, als er im Juli das 25. Jubiläum der Varengold Bank ausrief, einer winzigen, kaum bekannten Bank mit Sitz am Fischmarkt in St. Pauli, direkt gegenüber der Fischauktionshalle. Nur der Name verbinde die Bank noch mit ihren Vorgängergesellschaften, so stand es in einer Pressemitteilung des Geldinstituts. "Nostalgie ist nicht unser Ding", ließ sich Bankchef Fuhrmann zitieren. "Aus unserer Sicht ist die Bank erst sieben Jahre alt. Was vorher war, ist nicht relevant."

Wenn er sich da mal nicht irrt. Am Dienstagmorgen bekam die Bank zum zweiten Mal Besuch von Staatsanwälten und Steuerfahndern, nach einer ersten Razzia im November 2016. Damals ging es um einen einzigen Fonds, den die Bank aufgelegt hatte und der für Cum-Ex-Geschäfte genutzt worden sein soll. Diesmal ging es um viel mehr, um Nachfolgemodelle von Cum-Ex-Geschäften etwa und um Geschäfte auf eigene Rechnung der Bank. Und es ging um Vorstand Fuhrmann, den die Staatsanwaltschaft Köln längst als Beschuldigten führt in zwei von etwa 70 Verfahren wegen schwerer Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit den komplexen Aktiendeals. Wozu die Ermittlungen in diesem Fall führen, ist noch völlig offen.

Ein Banksprecher lehnte einen Kommentar ab. Die fraglichen Deals sind ein wesentlicher Teil der jungen Geschichte dieser Bank. Es ist viel passiert, seitdem ein paar Jungs im Jahr 1995 auf die Idee gekommen waren, ein Wertpapierhandelshaus zu gründen. Eine Zockerbude, gerade rechtzeitig zum Start der Aktienmanie am Neuen Markt. Sitz der späteren Bank war an der Hamburger "Automeile" in Lokstedt. In einer simplen Büroetage über einem Teppichhändler handelten die Gründer und ein paar Partner zunächst mit exotischen Derivaten an Terminbörsen. Viel Geld gab es aber nicht zu verdienen, selbst dann nicht, als Varengold sich von 2003 an "Wertpapierhandelsbank" nennen durfte.

Zwischenzeitlich gehörte die Bank einem Investor, der Dänemark um Milliarden betrogen haben soll

Erst mit dem Kontakt zu Anwälten und Hedgefonds aus der Cum-Ex-Szene von 2009 an änderte sich das. Als die Gründer und damaligen Hauptaktionäre ihre Anteile im Jahr 2014 dann auch noch an den britischen Investor Sanjay Shah verkauften, gegen den in Dänemark wegen Steuerbetrug in Milliardenhöhe ermittelt wird, erwies sich das als sehr lukrativ. Unter allen Investoren, die mit komplexen Aktiendeals in Europas Staaten Steuergelder abgezogen haben sollen, war Shah einer der erfolgreichsten. Auch Varengold soll er für seine Zwecke genutzt haben. Shah, der in Dubai lebt bestreitet das nicht, betont aber, sich in keiner Form strafbar gemacht zu haben.

Mit Blick auf die früheren Manager und Geschäftspartner der Bank sieht das anders aus. Erst kürzlich wurden mehrere Hedgefondsmanager verhaftet, die an den Geschäften zulasten des deutschen Fiskus beteiligt gewesen sein sollen. Einige Ex-Manager haben bei den Kölner Ermittlern umfangreich ausgesagt und sich dabei teils selbst schwer belastet. Die gesamte ehemalige Führungsebene und einige weitere Banker stehen im Verdacht, den deutschen Staat um Millionen Euro gebracht zu haben, noch bis 2016.

Inzwischen stellt sich die Bank gern als dynamischer Partner von Start-ups dar - ihre Vergangenheit wird sie aber so schnell sicher nicht mehr los.

© SZ vom 19.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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