Geldanlage:Risse im Parkett

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(Foto: Dax_291020)

Die Angst vor neuen Corona-Maßnahmen lässt den Dax in die Tiefe rauschen. Droht den Anlegern nun ein neuer Corona-Crash?

Von Victor Gojdka, Frankfurt

Wenn ein Monat bei Anlegern an der Börse einen besonders schlechten Ruf genießt, dann ist es der Oktober. Ausgerechnet jener Monat, in dem sich die Blätter an den Bäumen Gold färben sorgt aus Sicht vieler Finanzer nicht für goldene Gewinne - sondern gerne mal für Chaos. Besonders dramatische Kurscrashs fielen gerne mal in den Oktober, egal ob zum Ende der Goldenen Zwanziger 1929, zum Dow-Debakel 1987 oder zur Finanzkrise 2008. Und auch in diesem Jahr droht der Oktober an der Börse unerfreulich zu werden.

Seit Anfang der Woche nämlich hat sich im deutschen Aktienmarkt die Angst festgefressen: Erst sorgte der Kurskollaps beim Börsen-Schwergewicht SAP für Bauchgrimmen bei den Anlegern, dann offenbarte auch noch eine Umfrage des Wirtschaftsforschungs-Institutes Ifo, dass es um die Erwartungen vieler Unternehmenslenker schlechter steht als gedacht. Und als Bundespolitiker dann auch noch einen "Lockdown light" ins Spiel brachten, gab es für die Anleger kein Halten mehr. Am Mittwoch krachte der deutsche Leitindex in der Spitze um mehr als 4,5 Prozent in die Tiefe. "Viele kriegen jetzt Panik", sagt Aktienstratege Christian Kahler von der genossenschaftlichen DZ-Bank.

Wiederholt sich nun der Corona-Crash aus dem Frühjahr?

Denn an diesem horriblen Börsentag riss der Dax gleich mehrere wichtige Marken: Allein seit Wochenbeginn hat der Leitindex inzwischen mehr als 1000 Punkte eingebüßt, direkt zu Handelsbeginn am Mittwoch krachte er unter die Marke von 12 000 Punkten. Und als wäre das alles noch nicht genug, liegt das Leitbarometer der deutschen Börse damit mehr als zehn Prozent unter seinem letzten Hochstand. Finanzprofis sprechen nun hochoffiziell von einer Korrektur, Privatanleger fragen sich: Wiederholt sich nun der Corona-Crash aus dem Frühjahr?

Es sind aktuell vor allem zwei Wellen, die an der Börse ineinander greifen und für Unsicherheit sorgen: Die auflaufende Corona-Welle führt zur Verkaufswelle an der Börse, seit Wochenbeginn debattieren auch Politiker in Deutschland über einen "Lockdown light". Das sorgt an der Börse für enorme Verunsicherung, der Angstindex VDax New stieg am Mittwoch gar über die wichtige Marke von 40 Punkten. Im Klartext: In den kommenden vier Wochen dürften die Kurse ordentlich schwanken.

Wie im politischen Berlin streiten sich auch in den Frankfurter Banktürmen die Experten, wie hart neuerliche Beschränkungen den deutschen Leitindex treffen würden. Manche Optimisten fragen sich, ob es die im Dax tonangebenden Industrie-Schwergewichte tatsächlich hart träfe, wenn Hotels und Gaststätten schließen müssten. "Das sind ja nicht die Branchen, die an der Börse eine große Rolle spielen", sagt DZ-Aktienstratege Kahler. Außerdem haben viele Großunternehmen in der Zwischenzeit auch gelernt, mit dem Virus umzugehen: Sie haben ihre Produktionsbänder umgebaut, Plexiglasscheiben installiert und Abstandsmarkierungen aufgeklebt.

Die Verbraucher sind verunsichert und irritiert

Die Pessimisten an der Börse wiederum warnen, neue Beschränkungen leichtfertig abzutun. "Ein Lockdown light ist gar nicht so light, wie es auf den ersten Blick scheint", sagt Aktienstratege Chris-Oliver Schickentanz von der Commerzbank. Denn bereits jetzt sind die Verbraucher verunsichert und irritiert, Echtzeitindikatoren zeigen, dass die Konsumlaune in den vergangenen zehn Tagen spürbar unter Druck geraten ist. Einer solchen Verunsicherungs-Spirale können sich am Ende weder Unternehmen noch Märkte entziehen.

Vielen Aktienexperten scheint die Kurskorrektur am Markt auch hilfreich. Angesichts der Geldflut von Notenbanken und Finanzpolitikern hatten viele Börsianer über den Sommer jede Sorge beiseite gewischt. "Wenn die Überhitzung jetzt abgebaut wird, ist das durchaus gesund", sagt Aktienexperte Markus Reinwand von der Landesbank Hessen-Thüringen, Helaba. Sollten sich neue Beschränkungen doch zu einer verschärften Rezession auswachsen, könnte aus einem Herbstschauer eine längere Rutschpartie werden.

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