Spielwaren:Ausgespielt

Lesezeit: 2 min

Spielwarenhändler Veit Gähler. Erst durch einen "Monitor"-Bericht, habe man erfahren, dass Gähler in der Coronaleugner-Szene aktiv sei, sagt der Arbeitskreis Richtiges Spielzeug. (Foto: Screenshot ARD)

Mitten im Corona-Hotspot Bautzen heißt ein Holzspielzeughändler Kunden ohne Maske ausdrücklich willkommen. Der Branchenverband, den er viele Jahre führte, wirft ihn deshalb raus.

Von Uwe Ritzer, Bautzen/Fürth

Supermann warnt nicht, Supermann streckt optimistisch den Daumen nach oben und zwinkert dabei. "Hier sind auch Menschen ohne Maske willkommen", steht daneben auf dem Zettel, den der Spielwarenhändler Veit Gähler an die Eingangstür geklebt hat. "Holzwurm" heißt sein auf Holzspielzeug spezialisiertes Geschäft mitten in Bautzen. Die sächsische Stadt gehört seit Wochen zu den am schlimmsten von Corona betroffenen Orten in Deutschland. Doch während Experten zu Mundschutz und strengen Schutzmaßnahmen raten, hat Gähler auf den Zettel am Eingang noch geschrieben: "Wir respektieren es, wenn Kunden aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen keine Masken tragen."

Das und einiges mehr, was das ARD-Magazin "Monitor" vor einer Woche gezeigt hat, hat Teile der deutschen Spielwarenbranche in Wallung versetzt. Denn Veit Gähler war bis vor kurzem Vorstand des Arbeitskreis Richtiges Spielzeug (ARS). Einer überschaubar großen, in der Branche aber angesehenen Genossenschaft von Fachhändlern, die für pädagogischen Nutzen, Qualität, Ästhetik und schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen bei Spielwaren eintreten. Ihm gehörten "die besonderen Spielwarenhändler" an, schreibt der ARS selbstbewusst auf seiner Internetseite.

Veit Gähler gehört nun nicht mehr dazu. Obwohl zwei Jahre im Aufsichtsrat und zuletzt gut acht Jahre im Vorstand hat ihn der ARS ausgeschlossen. Wegen "absolut ruf- und geschäftsschädigendem Verhaltens" und weil er ganz offensichtlich für politische Inhalte stünde, die "im krassen Gegensatz zu dem stehen, wofür wir im ARS stehen", so der Arbeitskreis auf Anfrage. Erst durch den "Monitor"-Bericht habe man erfahren, dass Gähler Maskenlosen Zutritt zu seinem Geschäft erlaubt, in der Coronaleugner-Szene in Bautzen aktiv sei und eine Internetseite betreibe, auf der er "allerhand Verschwörungsideologen eine Bühne" biete, wie es "Monitor" formuliert hatte.

Als befremdlich empfanden Berufskollegen auch sein Schaufenster, das in dem TV-Beitrag zu sehen war. Es war dekoriert mit Büchern aus dem rechtslastigen Kopp-Verlag und einer schwarzen Spielzeugpistole. Die Anordnung sah eher nach unterschwelliger politischer Botschaft aus als nach einem verkaufsfördernden Hinweis darauf, dass es im Holzwurm auch Spielzeugpistolen aus Plastik im Sortiment zu kaufen gibt. Schnell baute sich nach dem TV-Beitrag in der Spielwarenbranche Druck auf den ARS auf. Der sei doch ein "Zusammenschluss vieler sympathischer und guter Spielwarengeschäfte", so Wolfgang Schühle, langjähriger Sprecher der Holzspielzeugsparte im Herstellerverband DVSI. Also müsse der ARS auch "eindeutig, klar und distanzierend" gegen "Herrn Gähler und dessen Gebaren" Stellung beziehen.

Bei dem in Fürth ansässigen ARS heißt es, auch bei eigener Recherche sei man auf "weitere, eindeutige Belege gestoßen, dass Herr Gähler unserer Meinung nach klar der rechten Szene zuzuordnen ist". Daher auch der schnelle Rauswurf, auf den sich die Verantwortlichen des Arbeitskreises per eilig einberufener Videokonferenz geeinigt haben. Gähler will gegen seinen Rauswurf "gerichtlich vorgehen", erklärte er auf Anfrage. Das werde er im Übrigen gegen jeden tun, der ihm vorwerfe, ein Corona-Leugner zu sein, rechtsextremes Material zu vertreiben oder entsprechende Positionen zu vertreten.

Veit Gähler sieht sich als Opfer. Von Fernsehleuten und vom ARS, der ihn vor dem Rauswurf nicht einmal angehört habe. Die umstrittene Schaufenstergestaltung sei Teil einer größeren Botschaft, sagt Gähler. Er habe damit dem Wunsch Ausdruck verleihen wollen, die gespaltene Gesellschaft möge sich wieder aufeinander zubewegen und auf Positives und Vereinendes hinleben. Diesbezüglich habe er das Schaufenster inzwischen "optimiert".

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: