Commerzbank:Zu früh gefreut

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Das Geldinstitut schien die Krise überwunden zu haben. Doch die Zahlen sind mau und den Aufsehern ist der Umgang der Bank mit Bilanzrisiken zu lax.

Eigentlich wollte Martin Zielke, der neue Chef der Commerzbank, an die erfreulichen Zahlen seines Vorgängers Martin Blessing anschließen und dieses Jahr gute Ergebnisse verkünden: 2016 werde Deutschlands zweitgrößte Bank einen Milliardengewinn schaffen, hatte Blessing noch zu Jahresanfang in Aussicht gestellt.

Dass die Commerzbank das erreicht, wird jedoch zunehmend unwahrscheinlich. Denn nicht nur der Jahresauftakt war schwach, auch im zweiten Quartal ging der Überschuss zurück: um fast ein Drittel auf 209 Millionen Euro, wie die Bank in der Nacht zum Dienstag mitteilte.

Schuld sind unter anderem die Niedrigzinsen, die fast alle klassischen Bankgeschäfte erschweren. Zudem fragen viele Mittelständler nicht ausreichend Kredit nach. Zielke hatte daher schon im Mai gewarnt, dass es schwierig werde, das Vorjahresergebnis von mehr als einer Milliarde Euro zu wiederholen. Er steht nun umso mehr unter Druck, die Kosten zu senken.

Immer mehr zum Problem wird auch die Eigenkapitalquote, jene Kennzahl, die Aufschluss über die Sicherheitsreserven einer Bank gibt. Ende Juni kam die Commerzbank überraschend nur noch auf eine harte Kernkapitalquote von 11,5 Prozent. Drei Monate vorher waren es noch 12,0 Prozent. Die Europäische Zentralbank als Oberaufseherin verlangt von der Commerzbank bis 2019 eine Quote von 11,75 Prozent. Bisher galt in Deutschland vor allem die Deutsche Bank als schwach kapitalisiert. Offenbar bewertete die Commerzbank ihre Bilanzrisiken zu lax - das lassen die Regulierer nicht mehr gelten. An der geplanten Dividende von 20 Cent je Aktie will Zielke dennoch festhalten.

"Nachdem die Commerzbank zuletzt mit eher positiven Zahlen aufwarten konnte, ist die Gewinnwarnung eine klare Enttäuschung", sagte Fondsmanager Helmut Hipper von Union Investment. Was bliebe, sei die Hoffnung, dass Zielke einen überzeugenden Plan vorlege. Tatsächlich arbeitet Zielke gerade an einer neuen Strategie, die er wohl im September vorstellen wird. Im Kern geht es dabei um Ertragswachstum, Digitalisierung und Kosten. Wobei der Fokus eindeutig auf dem letzten Punkt dürfte.

© SZ vom 27.07.2016 / mesc, REUTERS - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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