Commerzbank:Ein neuer Chef von außen

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Ein Spartenchef der Deutschen Bank rückt an die Spitze der Commerzbank und soll das Führungschaos beenden.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Im Juli hatten Vorstandschef und Aufsichtsratschef der Commerzbank überraschend ihre Jobs hingeschmissen. Seither machten Spekulationen die Runde, wer das teilverstaatlichte Institut aus seiner Führungskrise befreien kann. Ein Name fiel dabei indes nicht: der von Manfred Knof, 55, derzeit Spartenchef im Privatkundengeschäft der Deutschen Bank, eine Ebene unter dem Vorstand, und bis 2017 Chef von Allianz Deutschland. Für viele in der Finanzbranche kam daher überraschend, was die Commerzbank am Samstagabend im Anschluss an eine Aufsichtsratssitzung vermeldete: Knof wird im Januar 2021 Vorstandschef der zweitgrößten deutschen Privatbank, der elfte Chef nach 1945 und wohl der erste seit langer Zeit, der "von außen" kommt.

Manfred Knof wird im Januar Commerzbank-Chef. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Knof sei "ein erfahrener und umsetzungsstarker Topmanager, der sich in unterschiedlichsten Aufgaben in der Finanzdienstleistungsindustrie bewiesen hat", ließ sich Hans-Jörg Vetter zitieren, der den Commerzbank-Aufsichtsrat seit wenigen Wochen leitet. Vor allem mit Blick auf die anstehenden Aufgaben in der Bank bringe Knof die fachlichen und menschlichen Führungsqualitäten mit.

Welche Aufgaben gemeint sind, teilte Vetter noch nicht mit, aber klar ist: Die Commerzbank steht vor einem Stellenabbau, Hunderte Filialen werden geschlossen. Das war zwar auch das Ziel von Knofs Vorgänger Martin Zielke. Er war aber wegen der zu schleppenden Umsetzung in die Kritik eines einflussreichen Großaktionärs geraten, des US-Fonds Cerberus. Auch der Bund, der seit der Finanzkrise 15 Prozent an der Commerzbank hält, hatte Zielke nicht mehr unterstützt.

Seit Zielkes Rücktritt schien sich die Lage jedoch zu einem regelrechten Führungschaos auszuwachsen. Vorvergangene Woche warf auch noch Privatkundenvorstand Michael Mandel hin, nachdem er den Rückhalt von Arbeitnehmern im Aufsichtsrat verloren zu haben schien. Der neue Aufsichtsratschef Hans-Jörg Vetter, früher Chef der Landesbank Baden-Württemberg, stand nun unter Druck, schnell einen neuen Vorstandschef zu finden.

Ob Knof allerdings der Befreiungsschlag ist, den die Bank braucht, daran gibt es Zweifel. Es finge damit an, dass er den Chefposten erst im Januar 2021 antreten könne. "Das sind weitere Monate der Unsicherheit", sagt ein Insider. Im schlimmsten Fall würde das weitere Mittelstandskunden und gute Mitarbeiter vergraulen. Außerdem stamme er aus der Versicherungsbranche, habe mithin zu wenig Erfahrung im Bankgeschäft, vor allem in dem für die Commerzbank zentralen Mittelstandsgeschäft. Andere werteten die Ernennung als Zeichen, dass Vetter künftig durchregieren wolle. Knof-Befüworter betonten, er sei stark im Vertrieb und ein Mann klarer Worte.

Bei der Allianz Deutschland gab er 2017 nach nur zweieinhalb Jahren seinen Posten wieder auf - er hatte sich mit Konzernchef Oliver Bäte überworfen. Knof senkte Kosten und trieb die Digitalisierung voran, die Mitarbeiter mitzureißen gelang dem Juristen aber wohl nicht. Knof gab gesundheitliche Gründe für seinen Abschied von der Allianz an. Knapp zwei Jahre später tauchte er überraschend bei der Deutschen Bank wieder auf. Dort führte er das Privatkundengeschäft von Postbank und Deutscher Bank zusammen, setzte auch einige Impulse. Das anfangs gute Verhältnis zu Konzernchef Christian Sewing und Privatkundenchef Karl von Rohr schien schnell erkaltet. Die Unternehmenskultur der Deutschen Bank habe ihm nicht zugesagt, weswegen die Personalie wohl auch nicht als Vorbote für eine Fusion zu werten sei, wie es in seinem Umfeld hieß.

Als interne Kandidaten galten Finanzchefin Bettina Orlopp und Firmenkundenchef Roland Boekhout, der erst im Januar von der ING zur Commerzbank gewechselt war und daher auch noch den Blick von außen hatte. Der Bund wollte aber unbedingt einen externen Kandidaten, der ohne Sentimentalität Kosten spart, sagte ein Insider.

Knofs Vertrag soll dem Vernehmen nach eine Laufzeit von fünf Jahren haben, nicht drei, wie es zunehmend üblich ist, um hohe Abfindungen zu vermeiden, wenn man sich vorzeitig trennt. Vetter aber habe auf eine längere Laufzeit gedrängt. Knof solle die Sanierung bis 2024 in Ruhe abschließen können.

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