China:Finger weg von unseren Firmen

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Die EU will europäische Unternehmen besser gegen Übernahmen aus China schützen. Berlin, Paris und Rom machen einen gemeinsamen Vorstoß - einfach dürfte das Vorhaben aber nicht werden.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Es war Emmanuel Macrons erste Niederlage in Brüssel. Der französische Präsident scheiterte beim EU-Gipfel im Juni mit seinem Vorstoß, chinesische Investitionen und Übernahmen in der EU unter verstärkte Kontrolle zu stellen. Macron wollte dies als entscheidenden Aspekt eines Europas verstanden wissen, das seine Bürger und Firmen schützt - er warb für "une Europe qui protège". Doch die Mehrheit der EU-Staaten, allen voran Großbritannien, Spanien, Irland und die Niederlande, sprachen sich dagegen aus. Nun unternimmt die Regierung in Paris zusammen mit Deutschland und Italien einen neuen Anlauf, um europäische Unternehmen besser gegen feindliche Übernahmen aus dem Ausland schützen zu können.

In einem gemeinsamen Positionspapier, über das zuerst das Online-Magazin Politico berichtet hatte, legen die drei großen EU-Staaten ihre Vorstellungen dar. Schließlich soll die EU-Kommission dem Gipfelbeschluss zufolge die Notwendigkeit eines sogenannten "Investment Screenings" prüfen - wenn auch mit der klaren Vorgabe, die starken nationalen Kompetenzen der Mitgliedsstaaten zu achten. Geht es nach den Ideen aus Berlin, Paris und Rom, könnte künftig ein Kriterium gelten: Wer europäischen Investoren nicht dieselben Rechte eingesteht, die Investoren in der EU genießen, dem sollen Übernahmen leichter verboten werden können.

Die Europäische Kommission soll zu diesem Zweck untersuchen, ob Marktkräfte einen Übernahmeversuch treiben oder ob politische Ziele dahinter stecken. Dies sei dann der Fall, wenn "die Akquisition Teil einer Industriepolitik ist, die darauf abzielt, Direktinvestitionen in ausländische Firmen in bestimmten Wirtschaftsbereichen zu unternehmen", heißt es in dem Papier. Subventionen könnten ebenso gegen eine Übernahme sprechen. Entsprechende Analysen der EU-Kommission sollen dabei helfen, Verbote von Übernahmen zu legitimieren. Die Entscheidung, ob eine Übernahme verboten wird oder nicht, sollen die EU-Staaten am Ende selbst treffen.

Widerspruch aus Brüssel: "Das Vorhaben ist politisch heikel", warnt ein EU-Diplomat

Der Verstoß aus Berlin, Paris und Rom dürfte für Widerspruch anderer Mitgliedsstaaten sorgen. Vor allem bei jenen, die freien Handel zu ihrem Staatsverständnis zählen. "Das Vorhaben ist politisch heikel", warnt ein EU-Diplomat, "denn wie wollen wir definieren, was eine strategische Bedrohung unserer Industrie ist?" Da rücke man doch sehr in die Nähe von Russland und anderen autoritär geführten Staaten, die politisch festlegten, welche Wirtschaftszweige strategisch wichtig seien, meint der Brüsseler Diplomat. Hinzu komme die Frage: Welche Branchen sind aus EU-Sicht so bedeutend, dass sie überwacht werden sollten?

Die Bundesregierung vertritt in diesem Punkt eine ähnliche Linie wie Macron. In Berlin stand die Politik zuletzt im Eindruck der Übernahme des Augsburger Roboterbauers Kuka durch den chinesischen Midea-Konzern. Das Bundeswirtschaftsministerium kann schon heute prüfen, ob Investitionen aus Staaten außerhalb der EU die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik gefährden. Zuletzt wurden die Fristen für die Prüfung von zwei auf vier Monate verlängert, um mehr Informationen einholen zu können.

Chinesische Diplomaten machen schon seit längerem ihrem Ärger Luft. Von einem "Veto für Investitionen" ist in Peking die Rede. Die Kritik aus der Volksrepublik ist eindeutig: Die Europäische Union fordere einerseits offene Märkte und trete für freien Handel ein, auf der anderen Seite versuchten die Europäer, ihre eigenen Unternehmen immer stärker zu schützen.

Diese Sicht der Dinge ist nicht neu. Die Regierung in Peking fühlt sich von der EU schon länger gelinkt. Als es etwa darum ging, China auf Ebene der Welthandelsorganisation (WTO) als Marktwirtschaft anzuerkennen, reagierte die EU mit einem Trick. Demnach soll es für die Verhängung von Strafzöllen nicht mehr entscheidend sein, ob ein Staat von der WTO als Marktwirtschaft eingestuft wird, sondern ob ein Land Preise durch staatliche Eingriffe verzerrt.

© SZ vom 23.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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