Carsharing:Ein Auto, viele Fahrer

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Fahrzeuge des Daimler-Anbieters Car-2-go in San Diego. Der Carsharing-Markt wächst weltweit. (Foto: David Maung/Bloomberg)

Nirgendwo ist Carsharing so beliebt wie im Autoland Deutschland. Der Markt soll aber weltweit rasant wachsen, so schätzt die Beratungsgesellschaft BCG.

Von Caspar Busse

Mit dem Smartphone ein Fahrzeug suchen, einsteigen, losfahren - so einfach kann Carsharing inzwischen sein. In den Innenbereichen der großen Städte stehen bereits an vielen Stellen Gemeinschaftsfahrzeuge am Straßenrand, die von registrierten Nutzern für kurze Trips gemietet werden können. Einige Hundert sind es in München, in Berlin noch deutlich mehr. Der Preis bewegt sich mit etwa zehn Euro für 30 Minuten zwischen den Kosten für dem öffentlichen Nahverkehr und für ein Taxi.

Der Markt wächst jedenfalls rasant. Die weltweite Zahl der Nutzer von Carsharing-Angeboten wird sich nach Schätzungen der Unternehmensberatung BCG bis 2021 versechsfachen. In fünf Jahren bringen demnach 35 Millionen Teilnehmer der Branche Umsätze von 4,7 Milliarden Euro jährlich, so die BCG-Studie. 2015 waren weltweit 86 000 Autos mit insgesamt 5,8 Millionen Nutzern im Einsatz. Diese generierten einen Umsatz von 650 Millionen Euro. Besonders attraktiv sei Europa, gefolgt von Asien und Nordamerika.

Der wichtigste Markt ist interessanterweise Deutschland. Im Land der großen Autokonzerne gebe es heute bereits eine Million registrierte Nutzer, hier sind 50 Prozent aller Carsharing-Autos in Europa unterwegs. Dabei lohnt sich das Angebot den Berechnungen zufolge in Europa für Nutzer von Stadtautos bereits, wenn sie weniger als 7500 Kilometer pro Jahr fahren. Besitzer von Kompaktwagen könnten auf ein eigenes Auto verzichten, wenn sie weniger als 12 500 Kilometer pro Jahr fahren. Bei Mittelklassewagen sind es 16 000 Kilometer pro Jahr.

Die größten Anbieter sind Drive-Now, ein Gemeinschaftsunternehmen von BMW und der Autoverleihfirma Sixt, Car-2-go des Konkurrenten Daimler, und Flinkster, dem Angebot der Deutschen Bahn. VW experimentiert in Hannover mit Quicar, was Ende März in Greenwheels übergeht, Avis mit Zipcar. Daneben gibt es eine Reihe kleinerer, auch regionaler Anbieter. "Drive-Now ist die Lösung für viele Verkehrsprobleme in der Stadt", sagte Alexander Sixt im vergangenen Jahr. 60 Prozent der Nutzer würden über Empfehlungen von Freunden oder Bekannten kommen. Nach Umfragen besitzt mehr als die Hälfte der Kunden kein eigenes Auto, ein Drittel hat das eigene Auto abgeschafft und ist auf Carsharing umgestiegen.

"Trotzdem ist der neue Trend keine ernsthafte Bedrohung für den Verkauf von Neuwagen", schreiben die BCG-Experten in ihrer Studie. Den Schätzungen zufolge steigt der Neuwagenmarkt dort, wo es Carsharing gibt, bis 2021 auf etwa 78,4 Millionen Autos. Etwa 792 000 Fahrzeuge würden wegen Carsharing nicht gekauft werden. In Europa werden den Berechnungen zufolge 278 000 Kunden auf einen Neuwagen verzichten. Das entspreche nur etwa 1,3 Prozent des geschätzten Absatzmarktes in Europa. Gleichzeitig gebe es aber einen zusätzlichen Absatz durch den Aufbau der Carsharing-Flotten. Insgesamt wird bis 2021 ein Verkaufsminus von 550 000 Autos und ein Umsatzverlust von 7,4 Milliarden Euro erwartet.

© SZ vom 24.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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