Bundeswehr: IT-System:Ein Problem, so groß wie Herkules

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Zu teuer - und womöglich ein Technik-Fiasko: das IT-System Herkules der Bundeswehr. Ein interner Bericht rechnet mit den Herstellern radikal ab.

Wenn der Name Herkules bei der Bundeswehr fällt, dann denken die Soldaten nicht an einen Helden aus der griechischen Mythologie - sondern an ein ziemlich irdisches Milliardenprojekt.

Infanteristen, aufgenommen am Bundeswehr-Stützpunkt Hammelburg: Das IT-Projekt Herkules kommt den Steuerzahler teuer zu stehen. (Foto: Foto: ddp)

Das "Herkules"-Projekt besagt, dass das Verteidigungsministerium der Bundeswehr ein neues IT-System spendiert, schließlich ist die aktuelle Technik völlig veraltet. Doch die Kosten dafür sind längst schon aus dem Ruder gelaufen. Und jetzt wird offenbar auch die Funktionsweise in Frage gestellt. Investiert der Steuerzahler einen Milliardenbetrag für ein System, das nur ungenügend funktioniert?

Konkret geht es um einen internen Bericht des Verteidigungsministeriums, der dem Handelsblatt vorliegt. Darin kommen Nutzer und Projektleiter, die Herkules bedienen, zu einem katastrophalen Urteil: "Keiner der Befragten ist der Meinung, dass sich die strategische Partnerschaft der Bundeswehr mit der (Kooperationsgesellschaft) BWI-IT bewährt habe." BWI-IT ist ein Zusammenschluss, an dem die Bundeswehr einen Anteil von 49,9 Prozent hält, Siemens ist mit 50,05 Prozent beteiligt, der US-Konzern IBM mit 0,05 Prozent.

Im Jahr 2006 hatte der Bundestag den Auftrag zur Modernisierung des IT-Systems an Siemens und IBM vergeben. Bis Ende 2010 sollten 300.000 neue Telefone, 140.000 neue Computer und ein schnelleres Datennetz installiert werden. Doch dann lief so ziemlich alles schief. Das Vorhaben, bei dem der Münchner Konzern Siemens im Fahrerhäuschen sitzt, wird sich nun um mindestens zwei Jahre verzögern, berichtet das Handelsblatt. Und dann sind da noch die ausufernden Kosten, die in der Politik für Ärger sorgen.

"Sehr häufige" Ausfälle

Anfangs wurde noch mit 6,8 Milliarden Euro kalkuliert, doch diese Rechnung war schon bald darauf nicht mehr haltbar. Inzwischen ist der Aufwand gar nicht mehr zu beziffern. Im vergangenen Jahr wurde im Haushaltsausschuss des Bundestags sogar angeregt, das Ministerium solle aus der BWI-IT ganz aussteigen.

Doppelt fatal wäre, wenn das ohnehin schon teure Projekt sich nun, zumindest teilweise, als unbrauchbar herausstellen sollte. Zumindest müsste dann erheblich nachgebessert werden, was das Ganze weiter verzögern würde. Denn teilweise ist das System bereits in Betrieb. In dem Praxisbericht klagen Nutzer und Projektleiter jedoch über die "sehr häufigen" Ausfälle. 30.000 Endnutzer und ihre Vorgesetzte hätten an der Befragung teilgenommen, heißt es im Handelsblatt.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigte sueddeutsche.de die Existenz eines Evaluierungsberichts, der für den Haushalts- und den Verteidigungsausschuss des Bundestags bestimmt ist. Darin sollen auch der finanzielle Mehrbedarf sowie der weitere Zeitplan des Megaprojekts festgehalten sein. Über die genauen Inhalte des Papiers wollte der Sprecher keine Auskunft geben. Auch die Kooperationsgesellschaft BWI-IT äußerte sich auf Anfrage des Handelsblatts nicht. Der Bericht stehe BWI-IT noch nicht zur Verfügung, sagte eine Sprecherin.

An den Milliarden-Risiken dürften gleichwohl wenig Zweifel bestehen.

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