Bundesverfassungsgericht:Linke scheitert mit Ceta-Klage

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Die Linksfraktion scheitert mit ihrer Klage für eine stärkere parlamentarische Beteiligung am Handelsabkommen Ceta - die Karlsruher Prüfung des Abkommens selbst steht aber noch aus.

Von Wolfgang Janisch

In der Verhandlung im Oktober hatte es sich bereits abgezeichnet, nun ist es offiziell: Die Organklage, mit der die Linksfraktion eine stärkere und vor allem frühzeitige parlamentarische Beteiligung am Handelsabkommen Ceta durchsetzen wollte, ist unzulässig. Die Fraktion habe weder eine mögliche Verletzung eigener Rechte noch von Rechten des Bundestags "substantiiert" dargelegt, hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die Linke hatte geklagt, dass der Bundestag bereits für das vorläufige Inkrafttreten des Handelsabkommens zwischen der EU und Kanada ein förmliches Gesetz hätte erlassen müssen, ein sogenanntes Mandatsgesetz. Die spätere, immer noch ausstehende Ratifizierung von Ceta durch den Bundestag reichte der Linken nicht aus, ebenso wenig der Umstand, dass sich der Bundestag vor dem Ratsbeschluss zu Ceta vielfach mit dem Abkommen befasst hatte, etwa in einer Stellungnahme vom September 2016.

Die Antwort des Zweiten Senats fiel nun ernüchternd aus. Was die Linke erreichen wollte, nämlich eine Kompetenzüberschreitung der EU beim Abschluss von Ceta zu verhindern - dies lasse sich mit einem noch so frühzeitigen Gesetz überhaupt nicht unterbinden. Das Grundgesetz kenne kein "isoliertes Mandatsgesetz", das eine Inanspruchnahme von Hoheitsrechten durch die EU jenseits ihrer Zuständigkeiten legitimieren könnte, erläuterte Vizepräsidentin Doris König bei der Urteilsverkündung. Nicht einmal mit einer "verfassungsändernden Mehrheit" könne der Bundestag der EU einen solchen Übergriff erlauben.

Soll heißen: Wenn die EU "ultra vires" handelt, also ihre von den Mitgliedstaaten gewährten Zuständigkeiten überschreitet, dann verstößt dies gegen das Grundgesetz, daran kann der Bundestag nichts ändern. Und ob dies so ist - darüber entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Das Gericht schließt dann noch eine Reihe von Vorschlägen an, wie sich der Bundestag gegen drohende Anmaßungen der EU zur Wehr setzen kann, etwa mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof oder Einwirkung auf die Bundesregierung. Mögliche Verstöße sind erst einmal dadurch verhindert worden, dass heikle Materien wie der Investitions- oder der Arbeitsschutz von der seit 2017 laufenden vorläufigen Anwendung von Ceta ausgenommen worden waren.

Die eigentliche Karlsruher Prüfung steht dem Abkommen aber noch bevor, und das jetzige Urteil dürfte keinerlei Vorentscheidung sein. Anhängig sind mehrere Verfassungsbeschwerden, unterstützt von zehntausenden Freihandelskritikern. Und viele der inhaltlichen Fragen, welche die Linke wie auch die Ceta-Gegner aus der Zivilgesellschaft umtreiben, werden auch den Zweiten Senat noch intensiv beschäftigen. Letztlich geht es dabei um die demokratische Anbindung solcher Verträge. Denn ein Abkommen wie Ceta schafft einen eigenen Rechtsraum, der ein Eigenleben entwickeln und in Schieflage zugunsten von Investoren geraden kann, wenn die demokratische Anbindung fehlt.

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