Bundesfinanzministerium:Konfusion um Digitalsteuer

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Das Bundesfinanzministerium will Internetkonzerne "entdämonisieren". Sie stehen in der Kritik, ihre Steuerzahlungen zu drücken. In der EU soll es daher eine Digitalsteuer geben - doch Hilfe aus Berlin wird es für sie nicht geben.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Am kommenden Freitag wollen die europäischen Finanzminister erneut darüber beraten, wie Internetkonzerne in Europa besteuert werden können. Auf die Unterstützung des deutschen Finanzministers für den Vorschlag der EU-Kommission, eine Digitalsteuer einzuführen, werden die Kollegen nicht zählen können. Der Leitungsstab des Bundesfinanzministeriums empfiehlt dem obersten Dienstherren Olaf Scholz (SPD), sich gegen die "Nutzungsbesteuerung von Digitalunternehmen" auszusprechen. Sie sei "tendenziell nicht zielführend und arbiträr". Statt dessen unterbreiten die Strategen dem Minister verschiedene Vorschläge, wie dafür gesorgt werden könne, dass die "großen, digitalen Unternehmen einen fairen Beitrag zur Finanzierung öffentlicher Güter leisten" könnten.

In dem zehn Seiten umfassenden Papier warnen die Autoren davor, die Internetkonzerne zu "dämonisieren". Insbesondere gelte es zu verhindern, dass sich große Digitalunternehmen durch die Verlagerung von Gewinnen und durch Steueroptimierung der Steuerpflicht entzögen. Die Beamten listen Empfehlungen, wie sich das Bundesfinanzministerium und Minister Scholz in der öffentlichen Debatte über die Vorschläge zur Einführung einer Digitalsteuer oder einer Steuer auf Daten positionieren sollten. Die Vorlage sei "in Absprache mit den Staatssekretären erbeten, um etwas Ordnung in die wichtige, aber konfuse Diskussion zu bringen", ist handschriftlich auf dem Deckblatt vermerkt. Im Ministerium hieß es, insgesamt zehn Referate hätten an dem Strategiepapier mitgearbeitet. Zuletzt waren Klagen laut geworden, der extra von Scholz nach Amtsübernahme eingerichtete Leitungsstab arbeite an den Fachabteilungen des Hauses vorbei.

Die Debatte um die Besteuerung von Internetmultis wie Google oder Facebook war in den vergangenen Monaten heftiger geworden. Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, "eine gerechte Besteuerung großer Konzerne wie Google, Apple, Facebook und Amazon" zu unterstützen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte auf einem Kongress Ende Mai eine Steuer auf Daten vorgeschlagen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte in einem Interview mit dem Spiegel erklärt, die Europäer trügen durch die Nutzung von Internetdienstleistungen dazu bei, "dass diese Internetmultis hochprofitabel sind. Da ist es doch nicht mehr als recht und billig, darüber nachzudenken, wie die Gewinne dieser Unternehmen, die sie in der EU machen, auch besteuert werden können". Wirtschaftswissenschaftler wie Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts in München, warnten dagegen, zu viel über neue Steuern und Abgaben auf digitale Geschäftsmodelle zu spekulieren. "Viel wichtiger ist es, die Digitalisierung zu fördern und das Projekt eines europäischen Binnenmarktes für die Digitalwirtschaft voranzubringen."

Die Europäische Kommission legte zwischenzeitlich einen Vorschlag zur Besteuerung digitaler Konzerne vor. Sie will in einem ersten Schritt die Umsätze der Internetmultis in Europa besteuern und in einem zweiten Schritt virtuelle Betriebsstätten definieren, um auf die Wertschöpfung der Unternehmen zugreifen und Körperschaftsteuer erheben zu können.

Die deutsche Wirtschaft lehnt diesen Vorschlag ab.

© SZ vom 06.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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