Die Kritik an Adblock Plus nimmt zu. Mittlerweile berichten auch amerikanische Medien wie Techcrunch, dass sich die Firma hinter der beliebten Browsererweiterung dafür bezahlen lässt, Anzeigen durchzulassen. Dabei verspricht Adblock Plus seinen Nutzern gerade ein werbefreies Internet.
Ziel der Vorwürfe ist das Kölner Start-up Eyeo, seit Technikblogger Sascha Pallenberg der Firma hinter Adblock Plus "mafiöse" Methoden vorgeworfen hat. Der Adblocker von Eyeo verhindert, dass Anzeigen beim Surfen geladen werden - manche werden jedoch durchgelassen ( mehr Hintergründe zu Adblock Plus in diesem Süddeutsche.de-Report). Eyeo beteuert, dass diese Einzelfälle von den Nutzern der Browsererweiterung in einem Forum legitimiert werden. De facto ist in dem Forum aber kaum Beteiligung zu sehen. Stattdessen ist mittlerweile klar, dass Firmen Geld dafür zahlen müssen, damit ihre Anzeigen doch durchgelassen werden.
Auch Google zahlt. Der Konzern macht mit Online-Werbung einen Milliardenumsatz. Seit Juni sind Anzeigen auf der sogenannten weißen Liste von Adblock Plus und werden nicht mehr ausgeblendet. Es geht um die Textanzeigen, die über den Suchergebnissen angezeigt werden, nachdem User einen Begriff gegoogelt haben.
Das hat seinen Preis. Wie viel Geld Firmen genau an Eyeo überweisen müssen, ist vertraulich. Die Internetfirma 1&1, die unter anderem Web.de und Gmx.net betreibt, spricht auf Anfrage nur von "technischen Aufwandsentschädigungen". Mehr dürfen die Firmen nicht sagen - sie haben mit Eyeo einen Geheimhaltungsvertrag unterschrieben.
Umsatzanteil von 30 Prozent
Das Fachmagazin Werben & Verkaufen zitiert aus einem Vertrag mit Eyeo. Demnach fordern die Kölner einen Umsatzanteil von 30 Prozent. Im Fall von 1&1 - wie bei Google geht es hier um Textanzeigen bei Suchergebnissen - rechnen Branchenkenner laut Werben & Verkaufen damit, dass 1&1 mit dieser Werbung einen siebenstelligen Umsatz erzielen könnte. Sollten 25 Prozent der Seitenbesucher Adblock Plus nutzen und das Kölner Start-up eine Provision von 30 Prozent kassieren, käme eine sechsstellige Summe zusammen, rechnet das Magazin vor. Müsste Google ein Drittel abtreten, wären die Einnahmen für Eyeo enorm - das gilt jedoch als unwahrscheinlich. Google will auf Anfrage keine Details nennen.
Andere geheime Verträge sehen nach Informationen von Süddeutsche.de vor, dass die Webseitenbetreiber einen fixen Betrag überweisen. Eyeo greift nach eigenen Angaben aus Gründen der Messbarkeit auf diese Variante zurück. Ein Beispielfall könnte so aussehen: Die Webseite sieht nach einem Test mit Eyeo, dass ihr dank Adblock Plus 9000 Euro monatlich an Werbeeinnahmen entgehen. Sobald die Betreiberfirma unterschreibt, monatlich 3000 Euro an Eyeo zu überweisen, kommen ihre Anzeigen auf die weiße Liste, falls diese den Adblock-Plus-Richtlinien entsprechen. Dem Unternehmen blieben dann zusätzliche 6000 Euro.
Ein Deal, der von betroffenen Webseitenbetreibern als vergiftet wahrgenommen wird. "Wir fühlen uns erpresst", sagt einer, der wegen der Geheimhaltungspflicht anonym bleiben will. "Wir hatten keine Wahl. Wenn die morgen sagen, sie würden 50 Prozent nehmen, würden wir das auch unterschreiben."
Dazu kommt, dass die Abstimmung in der Adblock-Plus-Nutzergemeinde in den Verträgen und den Verhandlungen nicht vorkämen, berichten Betroffene. Eyeo bestreitet das. Man weise in Verhandlungen sehr wohl darauf hin, dass erst im Forum abgestimmt werden müsse, bevor die Anzeigen freigeschaltet würden. Allerdings habe man in den eineinhalb Jahren, in denen das Programm mit der weißen Liste laufe, Erfahrungen gesammelt, was im Forum funktioniere und was nicht, sagt Eyeo-Miteigentümer Tim Schumacher.
Eyeo betont außerdem, dass Blogs und journalistische Angebote nicht zahlen müssten. Provisionen verlange Eyeo nur von "großen Konzernen". Eine genaue Definition davon hat das Start-up allerdings nicht. Hier wolle man nachbessern, sagt Schumacher.
Linktipp: Die Debatte um Adblock Plus erinnert an die Diskussion um Ghostery, eine andere Browsererweiterung. Ghostery verspricht, Nutzer vor Trackingsoftware zu schützen, die die Werbeindustrie einsetzt, um Daten zu sammeln und Anzeigen zu personalisieren. Doch Ghostery verkauft Daten an Werbefirmen, die sie von ihren Millionen Anwendern gesammelt haben, schreibt Technology Review .