Börsengang der Bahn:Gewerkschaften stützen Tiefensee

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Die Bahngewerkschaften rücken von einem Börsengang der Bahn in den nächsten Jahren ab. Harsche Kritik kommt von der CDU.

M. Bauchmüller und S. Braun

Nach Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) wenden sich auch die Bahngewerkschaften Transnet und GDBA von einem Börsengang der Bahn in den nächsten Jahren ab. "Es braucht diesen Börsengang so jetzt nicht", sagte Transnet-Chef Alexander Kirchner der Süddeutschen Zeitung. Er werde wohl auch in der nächsten Legislaturperiode unrealistisch bleiben. Tiefensee hatte am Freitag erklärt, der Börsengang stehe für ihn nicht mehr auf der Agenda. Er solle auch in der nächsten Legislaturperiode nicht weiter verfolgt werden. Das Präsidium der SPD will sich an diesem Montag damit beschäftigen.

Datenskandal bei der Bahn (Foto: Foto: Getty Images)

Wahrscheinlich ist, dass die SPD auch in ihrem Programm für die Bundestagswahl von dem Privatisierungsvorhaben Abstand nimmt. Tiefensee und die Bahn-Gewerkschaften hatten dem Börsengang lange offen gegenübergestanden. Nun aber ließen sich die Ziele des Börsengangs auch ohne die Hilfe von Investoren erreichen, hatte Tiefensee argumentiert. Geld für Bahnhöfe und Lärmsanierung fließe aus dem Konjunkturpaket, das Eigenkapital der Bahn lasse sich aus dem Konzerngewinn aufstocken.

Die Gewerkschaften pochen nun darauf, dass genau das auch geschieht. "Wenn Tiefensee das ernst meint, machen wir das auch mit", sagte Kirchner. "Dann muss aber auch das Geld im Unternehmen bleiben." Auch müsse die Bahn ihre alte Struktur wiederherstellen. In Vorbereitung auf die Privatisierung hatte die Bahn eine neue Tochter gegründet, die DB Mobility Logistics AG, kurz DB ML. Während die Mutterholding - und damit das Schienennetz - komplett in Staatshand bleiben sollte, hätten Investoren sich an der DB ML zu einem Viertel beteiligen können. Diese Struktur werde durch den Verzicht auf einen Börsengang überflüssig.

Auch die Schwestergewerkschaft GDBA begrüßte den Kurswechsel Tiefensees, kritisierte aber zugleich die späte Einsicht des Ministers. "Wäre der Bund von vornherein bereit gewesen, mehr Geld locker zu machen, hätte man sich das ganze Theater um die Privatisierung ersparen können", sagte GDBA-Chef Klaus-Dieter Hommel. Dadurch seien Tausende Eisenbahner jahrelang unnötig verunsichert worden.

Heftige Kritik an den Äußerungen Tiefensees kommen dagegen von der Union. Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Steffen Kampeter, sagte der SZ, die Ausführungen des Bundesverkehrsminister offenbarten, dass er mangels Sachkenntnis offensichtlich in seinem Amt überfordert sei. "Tiefensees Vorschlag, den Börsengang der Bahn abzusagen und anstelle der erhofften Mehreinnahmen Gewinne in das Eigenkapital der Bahn einzustellen, zeigen die Ahnungslosigkeit von Tiefensee mit Blick auf die notwendigen Weichenstellungen der Bahn", kritisierte Kampeter.

Der CDU-Politiker erinnerte daran, dass die Deutsche Bahn Gewinne aus dem laufenden Geschäft zum Abbau von Schulden einsetzen müsse. Sie brauche zudem so schnell wie möglich zusätzliche Investitionsmittel aus einem Börsengang, um sich in Europa "gegen eine immer härter werdende Konkurrenz zu schützen". Und schließlich sollten mit den Erlösen aus einem Börsengang weitreichende Investitionen gerade auch in Deutschland finanziert werden, insbesondere im Lärm- und im Umweltschutz. Kampeter warnte: "Ein Scheitern der Bahnreform müsse Tiefensee verantworten."

Es würde den Bundeshaushalt vor zusätzliche Milliardenbelastungen stellen, die nur durch Umschichtungen zulasten der Verkehrsinvestitionen in anderen Bereichen erreicht werden könnte. Kampeter betonte, mit Tiefensees Absage an den Börsengang würde "die Planung für den Verkehrshaushalt wie ein Kartenhaus zusammenfallen".

© SZ vom 16.3.2009/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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