Blaupunkt:Bosch verschenkt Traditionsmarke

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Der Finanzinvestor Aurelius nimmt Bosch den Autoradio-Hersteller Blaupunkt ab - und will die Marke binnen zwei Jahren sanieren.

K.-H. Büschemann und M. Hesse

Der weltweit größte Autozulieferer Bosch gibt die Traditionsmarke Blaupunkt auf. Der Hersteller von Autoradios, -antennen und Navigationsgeräten wird von dem Münchner Finanzinvestor Aurelius übernommen. Blaupunkt setzt etwa 200 Millionen Euro um und hatte Bosch zuletzt nach Angaben aus Branchenkreisen etwa 15 bis 20Millionen Euro Verlust eingebracht. Um das defizitäre Geschäft in der beginnenden Rezession loszuwerden, hat Bosch dem Vernehmen nach sogar noch einen erheblichen Geldbetrag draufgelegt. Offiziell wurde über den Kaufpreis Stillschweigen vereinbart. Der Verkauf muss noch von den Kartellbehörden genehmigt werden.

Verkauf einer Traditionsmarke: Blaupunkt geht an den Finanzinvestor Aurelius. (Foto: Foto: ddp)

Die Beteiligungsgesellschaft Aurelius ist auf Sanierungsfälle spezialisiert und war unter anderem durch den Kauf des Schnapsbrenners Berentzen sowie der RTL Shops und der Bekleidungskette Pohland bekannt geworden. Aurelius übernimmt von Bosch etwa 1800 Mitarbeiter, davon 300 in der Zentrale in Hildesheim. "Das Kerngeschäft ist ein Sanierungsfall, aber Blaupunkt ist eine starke Marke, aus der wir mehr machen wollen", sagte Aurelius-Chef Dirk Markus der Süddeutschen Zeitung. Denkbar sei beispielsweise, die Marke an andere Hersteller zu lizensieren.

Großer Kostendruck

Bei den von Bosch verkauften Aktivitäten handelt es sich um das Handelsgeschäft - Geräte, die im Einzelhandel vertrieben und isoliert in Autos eingebaut werden können. Bosch machte bisher etwa 1,5 Milliarden Euro Umsatz mit Radios oder Navigationssystemen für Autos. Der größte Teil des Geschäfts besteht aber aus integrierten Systemen, die schon vom Autohersteller eingebaut werden, bei dem die Marke aber nicht mehr sichtbar ist. Bosch will sich in Zukunft auf dieses Geschäft konzentrieren.

Das Unternehmen hatte bereits im Frühjahr eine strategische Neuausrichtung angekündigt und die Suche nach einem Partner für das Handels- und Komponenten-Geschäft angekündigt. "Wir setzen künftig verstärkt auf die zunehmende Vernetzung der Fahrzeugelektronik", sagte Uwe Thomas, der Vorsitzende des Bereichsvorstandes des Bosch-Geschäftsbereichs Car Multimedia. Bei der Auswahl des Partners hätten "auch Standort und Beschäftigungsaspekte eine Rolle gespielt". Branchenexperten berichten, das Geschäft mit Handelsware sei inzwischen unter so großen Kostendruck geraten ist, dass eine Fertigung in Deutschland kaum noch lohnt.

Blaupunkt ist eine traditionsreiche Marke, die früher auch Hifi- und Fernsehgeräte herstellte. Das Unternehmen mit seiner Zentrale in Hildesheim gehört seit Anfang der dreißiger Jahre zu Bosch und stellte 1932 das erste in Deutschland entwickelte Autoradio her. Das Gerät hatte damals einen Rauminhalt von etwa zehn Litern. Blaupunkt ist Marktführer bei Autoradios in Europa. Das Unternehmen beschäftigt derzeit weltweit rund 9000 Mitarbeiter, es produziert jährlich etwa sechs Millionen Autoradios, 19 Millionen Autolautsprecher und 500.000 Navigationssysteme.

Kostensenkungen geplant

Aurelius plant bei Blaupunkt auch Kostensenkungen. Das Kerngeschäft müsse effizienter werden, die Produkte müssten stärker standardisiert werden. "In 18 bis 24 Monaten soll Blaupunkt profitabel sein", sagte Markus. Der Investor hat den Erhalt des Standortes Hildesheim zugesagt, eine Beschäftigungsgarantie gibt es aber nach Angaben aus Branchenkreisen nicht. Ein Arbeitsplatzabbau dürfte vor allem die Standorte Vila Real in Portugal, Beni Khalled in Tunesien und Penang in Malaysia treffen. Möglicherweise würden nicht alle Werke erhalten, heißt es. In Deutschland sind vor allem Forschung und Entwicklung sowie der Vertrieb angesiedelt.

Für Aurelius ist Blaupunkt bislang die drittgrößte Übernahme. Markus hatte die Firma erst 2005 gegründet, kurz nachdem er den Starnberger Konkurrenten Arques verlassen hatte. Seitdem hat Aurelius 16 Firmen erworben, die zusammen einen Umsatz von 1,4 Milliarden Euro erwirtschaften.

Schon in den nächsten Tagen steht nach Informationen der SZ ein weiterer Zukauf bevor. "Die Krise bietet für uns viele Chancen, da Konzerne sich von schwachen Bereichen trennen", sagt Markus. Auch die Schwäche des Wettbewerbers Arques will Aurelius nutzen. Derzeit führen die beiden Finanzinvestoren Gespräche über eine Fusion, bei der sich allerdings jeder der beiden als der starke Partner sieht. Firmen beider Beteiligungsgesellschaften sind jedoch zuletzt in Schwierigkeiten geraten.

© SZ vom 19.12.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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