Inbev-Chef Carlos Brito:Der Mann, der alles erreicht

Lesezeit: 3 min

  • Die Nummer eins des Biermarktes, AB Inbev, kauft die Nummer zwei , SAB Miller.
  • Der Mann hinter der Fusion ist Carlos Brito - der Chef von AB Inbev.

Von Caspar Busse, München

Im Hintergrund sind verschwommen ein paar Bierflaschen zu sehen: Das Gelb der Marke Corona, das strahlende Blau von Bud Light, das Rot von Budweiser. Davor sitzt Carlos Brito, 55, hellblaues Hemd ohne Krawatte, hohe Stirn, schwarze Haare. Sein Blick ist freundlich und sehr selbstbewusst. "Ich wäre sehr erfreut, das erste wahre globale Bierunternehmen zu gründen", sagt der Vorstandsvorsitzende von Anheuser Bush Inbev - und zwar mit solchem Nachdruck, dass Widerspruch aussichtslos erscheint.

Schon seit einigen Tagen ist die Internetseite Globalbrewer.com online. Hier wirbt der Brauereinkonzern, der schon mit Abstand der größte der Welt ist, für die Übernahme von SAB Miller. "Gemeinsam sind wir stark, gemeinsam sind wir besser", lautet die Botschaft. Dass es so kommt, ist seit diesem Dienstag sehr, sehr wahrscheinlich. Beide Konzerne teilten mit, dass eine Grundsatzvereinbarung über die Übernahme erzielt worden sei. Die Kartellbehörden müssen in vielen wichtigen Märkten noch zustimmen, deshalb ist nicht ausgeschlossen, dass sich der neue Mega-Konzern von einigen Brauereien trennen muss, vor allem in den USA oder in China.

1 / 2
(Foto: SZ)

SZ-Grafik: Dalila Keller; Quellen: Barth-Berichte; Kirin Holdings

2 / 2
(Foto: SZ)

SZ-Grafik: Dalila Keller; Quellen: Barth-Berichte; Kirin Holdings

Die Nummer eins des Biermarktes, AB Inbev, kauft die Nummer zwei, SAB Miller - es ist eine der größten Übernahmen der Wirtschaftsgeschichte, nur übertroffen von Vodafone/Mannesmann vor 15 Jahren. Nahezu hundert Milliarden Euro gibt AB Inbev dafür aus, daneben werden noch Schulden übernommen. Der Weg dahin war hart, viermal musste Brito das Angebot aufbessern, bis die Aktionäre von SAB Miller endlich zustimmten. Jetzt aber ist das "Endspiel in der internationalen Bierbranche" ( Wall Street Journal) entschieden - und Brito ist am Ziel angelangt.

Wachsen durch Übernahmen

Seit 2005 ist er Chef des Weltkonzerns, der auf fast 50 Milliarden Dollar Umsatz kommt mit mehr als 200 Biermarken in über hundert Ländern, darunter Beck's, Corona, Leffe, Stella-Artois, Löwenbräu, Spaten oder Franziskaner. Seit Jahrzehnten wächst das Unternehmen, vor allem mit Übernahmen. Die bisher größten: 2004 wurde die belgische Interbrew gekauft, 2008 der Budweiser-Hersteller Anheuser-Bush. Der Konzern aus Brasilien war damit zum Weltmarktführer aufgestiegen. Jetzt kommt SAB Miller dazu und damit Marken wie Pilsner Urquell, Peroni oder Foster's.

Gemeinsam kommen die beiden auf einen Weltmarktanteil von einem Drittel. Beide Unternehmen ergänzen sich gut: AB Inbev ist etwa in Latein- und Südamerika stark, SAB Miller in Afrika. Überlappungen gibt es in den USA. In Deutschland dominiert AB Inbev mit Beck's, Franziskaner, Spaten, Löwenbräu, Diebels, Hasseröder oder Haake, die Briten dagegen haben hierzulande einen geringen Anteil, sie verkaufen ihre internationalen Marken.

Der Mann hinter der schnellen Entwicklung von AB Inbev ist Brito. Der eher schmächtige Mann, geboren in Rio de Janeiro, wirkt sehr asketisch. Er hat so gar nichts mit dem schillernden, dickbäuchigen, lauten Brauereibesitzer aus dem Bilderbuch zu tun. Der Konzernchef räumt offen ein, dass er außer der Firma und seiner Familie keine Hobbys hat, er gilt als zahlenorientiert, kühl kalkulierend, sachlich. "Brito lebt unsere Unternehmenskultur", heißt es bei AB Inbev. Er lebt in New York, dort hat der Konzern seinen zweiten Hauptsitz neben dem belgischen Löwen. Der Brasilianer fährt morgens mit der U-Bahn zur Arbeit, auf einen großen Firmenwagen verzichtet er. Ergebnisse sind wichtig, nicht der Status, soll das heißen. Seine Ziele sind anspruchsvoll, manchmal auf den ersten Blick zu hoch gegriffen, so wie jetzt beim Kauf von SAB Miller. Doch bisher hat er alles erreicht, was er wollte.

Seinen ersten Kontakt mit der Welt des Bieres hatte Brito ausgerechnet in München: Ende der 80er-Jahre machte er ein kurzes Praktikum bei der Traditionsbrauerei Löwenbräu, seitdem schätzt er deutsches Bier. Im Frühsommer diesen Jahres war er dann wieder hier: Im Bayerischen Hof trafen sich die 250 wichtigsten Manager des Braukonzerns AB Inbev zu ihrer alljährlichen Führungskräfte-Tagung, sie besichtigten Bauereien und bayerische Gaststätten. Im Sommer 2014 hatten sie vereinbart, dass der Gewinner der Fußball-Weltmeisterschaft das Treffen ausrichten darf - und so kamen alle nach München.

Ob bei dem Treffen in München oder sonstwo: Bei AB Inbev steht immer Wachstum auf der Tagesordnung. Dabei schrumpft der Bierkonsum in den etablierten Ländern seit Jahren, der Konkurrenzdruck wird schärfer. Gleichzeitig haben Mini-Brauereien mit sogenannten Craft-Bieren Erfolg. Auch in Deutschland geht der Pro-Kopf-Verbrauch kontinuierlich zurück. Gerade mittelgroße Brauereien haben zu kämpfen. Die Kleinen können sich erfolgreich auf lokale Märkte konzentrieren, die Großen bauen auf den Export. Wachstumsmärkte sind Afrika oder Asien, auf beide will der neue Bierkonzern setzen.

Mehr Bier-Marken unter einem Dach: Anheuser-Bush Inbev, die Nummer eins der Branche, kauft die Konkurrenz. (Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

Ermittlungen gegen AB Inbev

AB Inbev kam 2014 auf einen Weltmarktanteil von gut 21 Prozent, SAB Miller auf 15 Prozent. Der Zusammenschluss von zwei Top-Firmen einer Branche ist sehr selten . Das wäre, als ob Nike und Adidas oder VW und Toyota fusionieren würden. In den USA droht AB Inbev nun aber Ärger.

Insidern zufolge gibt es Ermittlungen gegen den Konzern, um zu klären, ob Marktmacht missbraucht wurde. Das US-Justizministerium geht Vorwürfen nach, das Unternehmen habe Zwischenhändler gekauft, um den Vertrieb von Bieren kleinerer Brauereien einzuschränken. In den vergangenen Monaten wurden fünf Händler in drei US-Bundesstaaten übernommen. In vielen US-Staaten können die Brauereien nicht direkt verkaufen und müssen über Zwischenhändler gehen. AB Inbev erklärte, mit den Behörden zusammenzuarbeiten. In Deutschland hatte das Kartellamt gegen die Bierindustrie Strafen wegen Preisabsprachen verhängt. AB Inbev war als Kronzeuge straffrei ausgegangen.

© SZ vom 14.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: