Die Freude über die gerade sanierte Straße währt bei Hausbesitzern oft nicht lang. Denn viele Gemeinden fordern von den anliegenden Grundstückseigentümern eine Kostenbeteiligung. Dann ist guter Rat gefragt. "Insbesondere Familien, die sich gerade ein Häuschen zugelegt haben, und Rentner geraten finanziell dann unter Druck", sagt Siegmund Schauer, erster Vizepräsident des Bundesverbandes Wohneigentum in Bonn.
Straßenausbaubeiträge sind Abgaben, die Gemeinden von Grundstückseigentümern für Erneuerung und Verbesserung von Straßen erheben. Gesetzlich geregelt werden Straßenausbaubeiträge in den Kommunalabgabegesetzen (KAG) der Bundesländer, erläutert der Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) in Berlin. Je nach Bundesland seien Gemeinden sogar verpflichtet, diese Beiträge zu erheben, heißt es.
"Von einer Erneuerung oder Verbesserung geht der Gesetzgeber aus, wenn eine alte und abgenutzte Straße wieder in ihren ursprünglichen Zustand gebracht wird", sagt Gordon Gross, Referent Steuern und kommunale Abgaben beim Eigentümerverband Haus und Grund Deutschland in Berlin. Voraussetzung sei, dass die übliche Nutzungsdauer abgelaufen sei. Hauptverkehrsstraßen halten nach VDGN-Angaben etwa 25 Jahre lang. Bei wenig befahrenen Straßen in Wohngebieten können es auch 40 Jahre sein. "Wird eine Straße nur repariert, liegt in der Regel keine Erneuerung und auch keine Verbesserung vor", sagt Gross. Durch eine Reparatur werde die Straße letztlich nur im ordnungsgemäßen Zustand gehalten, sodass hierfür keine Beiträge zu zahlen seien.
"In welcher Höhe die Anlieger tatsächlich an Straßenbaukosten beteiligt werden, ist von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. Grundsätzlich werden mit Ausnahme von Berlin und Baden-Württemberg in allen Bundesländern Straßenausbaubeiträge durch die Kommunen erhoben", erklärt Schauer vom Verband Wohneigentum. Bürger würden damit ungleich behandelt, da ihre Zahlungssituation von der zufälligen Lage des Grundstücks in dieser oder jener Kommune abhängig sei.
"Straßenausbaubeitrage können nicht auf Mieter umgelegt werden", sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin ganz klar. Es handle sich nicht um Betriebskosten, da es meist keine wiederkehrenden Beiträge seien. Als ungerecht kritisiert auch Gross die Extra-Belastung von Eigentümern mit Straßenausbaubeiträgen: "Hausbesitzer zahlen bereits Grundsteuer, und die sollte zum Ausbau und Erhalt der Infrastruktur dienen." Kommunale Straßen kämen im Übrigen nicht nur den anliegenden Grundeigentümern, sondern der Allgemeinheit zugute. Jeder könne die Straßen nutzen, sie müssten also mit Steuermitteln finanziert werden.
"Dadurch, dass die Hausbesitzer zahlen müssen, haben die Kommunen keinen Anreiz, wirtschaftlich zu haushalten", kritisiert Gross. Im Gegenteil: Gerade in Regionen mit Bevölkerungsrückgang werde häufig versucht, für Zuziehende mit Luxussanierungen den Ort wieder attraktiv zu machen. Die Last hätten dann die verbliebenen Grundstückseigentümer zu zahlen.
"Wer hat schon so viel Geld auf der hohen Kante oder bekommt als Rentner noch einen Kredit?"
"Die Wohneigentumsquote in der Bundesrepublik Deutschland liegt weit unter der anderer europäischer Staaten", sagt Schauer. Durch Maßnahmen wie Wohn-Riester oder Baulandmodelle ermuntere der Staat die Bürger zur Schaffung von Wohneigentum. Vor allem junge Familien sparten für ein eigenes Haus und verzichteten dabei auf viele Annehmlichkeiten. Ist es dann abbezahlt, diene es auch als Altersvorsorge. "Wenn dann plötzlich hohe Summen für den Straßenausbau gefordert werden, kann dies viele finanziell überfordern". In einem Fall beispielsweise sollte ein Grundstücksbesitzer stolze 70 000 Euro zahlen, berichtet Schauer und fügt hinzu: "Wer aber hat schon so viel Geld auf der hohen Kante oder bekommt als Rentner gar noch einen Kredit? Sozial ist das nicht."
Betroffene können die Gemeinde um Stundung bitten. Einen Anspruch darauf gibt es aber nicht
"Die anfallenden Summen können Hausbesitzer manchmal in den Ruin treiben", sagt Schauer. Wer nicht zahlen könne, müsse die Gemeinde um Stundung bitten und dann zusätzlich Zinsen zahlen. Die Gemeinde müsse darauf aber nicht eingehen. Verweigere sie diese Möglichkeit, komme nur noch ein Verkauf oder das Überschreiben der Immobilie an Kinder in Frage, die noch Hypotheken bekämen. Für Schauer ist das "kalte Enteignung".
Meistens werden Straßenausbaubeiträge einmalig und bezogen auf eine bestimmte Baumaßnahme erhoben. In anderen Bundesländern wie Rheinland-Pfalz und Thüringen erlaube das KAG den Gemeinden, wiederkehrende Beiträge zu erheben, betont Schauer. Dabei legt die Gemeinde jedes Jahr alle umlagefähigen Straßenbaukosten auf alle Grundstückseigentümer der Gemeinde um. Die Eigentümer müssen anteilig zahlen, egal, ob ihr Grundstück an einer der ausgebauten Straßen liegt. Der Vorteil dieser Art der Beitragserhebung bestehe darin, dass die Beitragshöhe für den Einzelnen geringer ausfalle und berechenbarer sei. Hausbesitzer könnten sich darauf einstellen, jedes Jahr einen vergleichsweise kleinen Straßenausbaubeitrag zahlen zu müssen.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund DSTGB in Düsseldorf verwies darauf, dass die Kommunen Landesrecht umsetzen müssen. "Im Übrigen wird bei der Höhe der Straßenausbaubeiträge differenziert nach dem jeweiligen Nutzen", sagte Carsten Hansen vom DSTGB. "Wird zum Beispiel eine Anwohnerstraße ausgebaut, ist der Vorteil für den Anlieger größer als bei einer Hauptverkehrsstraße. Deshalb wird ein größerer Anteil auf die Anlieger umgelegt. Ist der Vorteil der Allgemeinheit größer, dann wird ein kleinerer Anteil auf die Anlieger umgelegt."