Berufsunfähigkeit:Höhere Bezüge gegen drohende Armut

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Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales, hat die Reform der Reform der Erwerbsminderungsrente durch den Bundestag gebracht. (Foto: imago)

Jeder siebte Beschäftigte mit Erwerbsminderung ist auf Grundsicherung angewiesen. Die Reform des Systems soll das Problem lindern - allerdings erst von 2024 an.

Von Roland Preuß, Berlin

Krankheit führt bei vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu einem wirtschaftlichen Absturz, obwohl sie durch eine Erwerbsminderungsrente abgesichert sind. Dies ergibt sich aus einer Analyse der Deutschen Rentenversicherung (DRV), die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Demnach erhält etwa jeder siebte Erwerbsminderungsrentner zusätzlich Leistungen aus der Grundsicherung, lebt also am Existenzminimum. "Der Eintritt der Erwerbsminderung wurde zum Armutsrisiko", stellte der DRV-Fachmann Christoph Schnell fest.

Hintergrund der Analyse ist eine Reform der Erwerbsminderungsrente, welche die Bundesregierung bereits umgesetzt hat und die etwa drei Millionen Menschen besser stellen soll. Wer seit Juni 2014 oder noch länger Erwerbsminderungsrente bekommt, erhält demnach einen Zuschlag von 7,5 Prozent auf seine Rente, wer zwischen Juli 2014 und 2019 Erwerbsminderungsrentner geworden ist 4,5 Prozent. Dies soll viele erwerbsgeminderte Ruheständler vor einem Fall in die Grundsicherung bewahren und Menschen, die schon länger solche Sozialleistungen beziehen, weitgehend gleichstellen mit denen, die noch nicht so lange Erwerbsminderungsrente bekommen. Das Gesetz ist bereits verabschiedet, allerdings greift es erst vom 1. Juli 2024 an. Eine Erwerbsminderungsrente bekommt, wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr oder nicht mehr voll arbeiten kann.

Die damalige rot-grüne Bundesregierung hatte 2001 die Regelungen bei Erwerbsminderung geändert, was zu deutlich niedrigeren Renten führte. Laut der Rentenversicherung ging die durchschnittliche Erwerbsminderungsrente von 706 Euro im Jahr 2000 auf 613 Euro im Jahr 2013 zurück. Selbst voll erwerbsgeminderte Rentnerinnen und Rentner, also Beschäftigte, die nur noch weniger als drei Stunden am Tag arbeiten können, erhielten im Schnitt nur noch 650 Euro im Monat. Die Änderungen in den Jahren 2014 und 2019 stellten nur diejenigen Empfänger besser, die von da an eine Erwerbsminderungsrente neu bezogen, nicht aber die sogenannten Altfälle. Bundessozialminister Hubertus heil (SPD) kritisiert dies als Ungleichbehandlung und hat die Reform zusammen mit dem Gesetz zur Erhöhung der allgemeinen Rente durch den Bundestag gebracht.

Der Arbeitgeberverband BDA kritisiert, dass dadurch neue Ungerechtigkeiten entstehen würden. Man habe in den vergangenen Jahren zu Recht auf einen Zuschlag bei den bestehenden Erwerbsminderungsrenten verzichtet, heißt es in einem BDA-Papier zu dem Konzept von Minister Heil. Es habe in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Leistungsverbesserungen für Erwerbsminderungsrentner gegeben. Zudem würden viele Bestandsrentner von Vorteilen profitieren, die für neue Rentner nicht mehr gelten würden. So würden etwa nur bei Beziehern, die vor 2009 Rentner wurden, Ausbildungszeiten rentensteigernd berücksichtigt. Bei der DRV hieß es, die Erwerbsminderungsrentner würden nicht alle gleich behandelt, da sich die rechtlichen Rahmenbedingungen ständig geändert hätten. Es gehe bei der Reform auch darum, dass die Verwaltung diese praktikabel umsetzen könne.

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