Bertelsmann-Konzern:Liz über alles

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Das Erbe des Reinhard Mohn: Seine zweite Ehefrau Liz wird seine Nachfolge im Bertelsmann-Konzern antreten - und damit im Haus mächtig sein wie nie zuvor.

Caspar Busse

Bis zuletzt hatte Reinhard Mohn die Geschicke bei Bertelsmann aus dem Hintergrund gelenkt. Er war mehrmals in der Woche in der Zentrale, er war in alle wichtigen Entscheidungen eingebunden - und er hatte immer auf Kontinuität gesetzt. Und so hat er nun auch sein Erbe geregelt. Seine zweite Ehefrau Liz wird die Machtfülle ihres verstorbenen Ehemanns übernehmen - sie wird damit im Hause Bertelsmann so mächtig sein wie nie zuvor. Die Kontinuität sei gewahrt, sagt ein Konzernsprecher am Donnerstag dazu.

Reinhard Mohn war am Samstag auf seinem Hof in Steinhagen bei Gütersloh im Alter von 88 Jahren gestorben. An diesem Mittwoch wurde er auf dem Neuen Stadtfriedhof im Familienkreis beerdigt. Die Trauerfeier wird voraussichtlich erst in der dritten Oktoberwoche stattfinden. Mohn leitete den Konzern von 1947 bis 1981 und repräsentierte zusammen mit seiner Ehefrau Liz Mohn die fünfte Generation der Unternehmer- und Stifterfamilien Bertelsmann und Mohn.

Vetorecht für Liz

Die Verhältnisse bei Bertelsmann sind kompliziert. Mohn hatte das Familienunternehmen schon 1971 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, doch an die Börse ist der Konzern nie gegangen. 1977 gründete er die Bertelsmann Stiftung. 1993 ließ Mohn dann die Mehrheit des Aktienkapitals der Bertelsmann AG auf die Stiftung übertragen. Diese ist heute mit 76,9 Prozent der größte Aktionär bei Bertelsmann. Die übrigen Anteile gehören der Mohn-Familie, wobei bis heute offen ist, wie diese intern aufgeteilt sind.

Anders verteilt sind die Stimmrechte in der Hauptversammlung der Bertelsmann AG: Diese liegen nämlich zu 100 Prozent bei der Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft (BVG). Diese ist paritätisch mit drei Familienmitgliedern und drei externen Managern besetzt. Bisher wurde die Familie von Reinhard Mohn selbst, seiner Frau Liz und seiner Tochter Brigitte vertreten. Als familienfremde Mitglieder sind Dieter Vogel (früher Thyssen-Krupp), Jürgen Strube (BASF) und Werner Bauer dabei.

Reinhard Mohn hatte dabei eine wichtige Sonderrolle, nämlich ein Vetorecht. Gegen seine Stimme konnte die BVG nichts beschließen. Damit hatte der alte Mohn bei allen Entscheidungen auch für die Bertelsmann AG das letzte Wort. Dieses Vetorecht hat Reinhard Mohn nun seiner Frau Liz übertragen. Den frei gewordenen Platz in der BVG soll Mohns Sohn Christoph erhalten. Liz erhält zudem die Stifterrechte der Bertelsmann Stiftung.

Auch Christoph hat noch Chancen

Diese Einzelheiten gab nun Gunter Thielen per Zeitungsinterview bekannt. Der ehemalige Bertelsmann-Chef sitzt inzwischen an der Spitze des Aufsichtsrates, ist ein Vertrauter von Liz. "Reinhard Mohn hat gewollt, dass seine Frau Liz seine Rolle übernimmt", sagte Thielen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er berichtete weitere Details aus dem Testament: Danach soll die heute 68 Jahre alte Liz Mohn bis zum Alter von 75 Jahren Sprecherin der Familie bleiben und dann selbst darüber bestimmen, wer ihr nachfolgt. Bisher gilt die gemeinsame Tochter Brigitte als sichere Nachfolgerin, wenn Liz die Macht abgibt. Reinhard Mohn hatte die Tochter in seinem letzte Buch gelobt. Er sprach von ihrer "zielgerichteten und verantwortungsvollen Art".

Offenbar hat nun aber auch Christoph noch Chancen. "Es gibt keinen Automatismus, nach dem Brigitte Mohn später die Rolle ihrer Mutter übernimmt. Christoph Mohn hat die gleichen Chancen wie seine Schwester", berichtete Thielen. Christoph hatte einst in Gütersloh das Internetunternehmen Lycos gegründet, doch ist damit gescheitert. Die Firma musste aufgelöst worden. Insgesamt hat Reinhard Mohn sechs Kinder aus zwei Ehen.

Bertelsmann, mit 100.000 Mitarbeitern einer der größten Medienkonzerne der Welt, spürt die Wirtschaftskrise deutlich. Vor allem Gruner + Jahr (Stern, Brigitte) leidet und erwartet für das Jahr 2009 Verluste. Auch die Fernsehtochter RTL Group hat zu kämpfen. Zum Konzern gehören weiter der Buchverlag Random House und die Dienstleistungssparte Arvato.

© SZ vom 9.10-2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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