Bauwirtschaft in Sorge:Der Staat - ein säumiger Zahler

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Miserable Zahlungsmoral: Die Baubranche klagt, dass Rechnungen zu spät beglichen werden. Besonders fahrlässig ist ausgerechnet die öffentliche Hand.

Thomas Öchsner

Deutschlands Baugewerbe leidet unter einer schlechten Zahlungsmoral. Öffentliche Auftraggeber begleichen ihre Rechnungen dabei noch später als solche aus der Privatwirtschaft. Dies geht aus einer Umfrage des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes (ZDB) hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Demnach bewerten nur 34 Prozent der befragten Betriebe die Zahlungsmoral der öffentlichen Hand als gut oder sehr gut, mehr als die Hälfte betrachten dagegen jene der privaten Auftraggeber als gut oder sehr gut. "Die Zahlen zeigen, dass der Bauunternehmer gerne als Kreditgeber missbraucht wird", sagte der Präsident des ZDB, Hans-Hartwig Loewenstein der SZ. Er sprach von einem "schleichenden Verlust der Zahlungsmoral der öffentlichen Hand".

Der Verbandspräsident vermutet, dass bei öffentlichen Auftraggebern inzwischen Forderungen in Höhe von mehreren Milliarden Euro liegen, die seit Monaten fällig sind. "Ich habe den Eindruck, dass hier zum Beispiel so mancher Stadtkämmerer Zahlungen hinauszögert, um mit dem Geld Liquidität und Zinsen zu erwirtschaften", sagte Loewenstein.

Fristen häufig nicht eingehalten

Der ZDB-Präsident ist zunehmend davon überzeugt, dass manche Kunden mit dem Begleichen von Rechnungen so lange warten, bis das betroffene Bauunternehmen in Insolvenz geht, um dann womöglich nichts mehr zahlen zu müssen. "Nicht rechtzeitig beglichene Rechnungen und Liquiditätsnöte sind die Hauptquelle von Insolvenzen im Baugewerbe", sagte Loewenstein. Mit einer besseren Zahlungsmoral könnte die öffentliche Hand einen "wichtigen Beitrag zur Liquidität der Betriebe leisten".

Aus der Umfrage des Zentralverbandes geht hervor, dass es vor allem bei Abschlagszahlungen Probleme gibt. Diese sind bei länger laufenden und großen Aufträgen üblich. Danach zahlen in etwa 60 Prozent der Fälle öffentliche Auftraggeber die geforderten Abschläge nicht pünktlich. Bei den Privaten betrifft dies mehr als 40 Prozent der Fälle.

Auch die Fristen für die Schlusszahlung würden häufig nicht eingehalten. Nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen sollten Kunden diese innerhalb von zwei Monaten begleichen. Mehr als zwei Drittel der Auftraggeber überschreiten die Frist um bis zu einem Monat oder länger. Fast die Hälfte der öffentlichen Auftraggeber lassen sich bis zu einem Monat Zeit. Knapp 40 Prozent der Kunden aus der Privatwirtschaft zahlen dagegen innerhalb einer Woche. Der ZDB-Präsident forderte, die gesetzlichen Zahlungsfristen zu verkürzen.

Die Wirtschaftskrise hatte die Baubranche im ersten Halbjahr nach Angaben des Statistischen Bundesamtes schwer getroffen. Zwischen Januar und Juni verzeichneten die Bauunternehmen 11,7 Prozent weniger Aufträge als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Beschäftigten sank um 2,3 Prozent auf 681.000.

© SZ vom 17.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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