Bauen:Warum der Bund nun freigiebiger eigene Flächen abgibt

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Etwa 20 000 Liegenschaften besitzt der Bund in Deutschland. Jetzt soll geprüft werden, wo dort Wohnungen gebaut werden könnten. (Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)
  • In dieser Woche hat eine Bemerkung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz aufhorchen lassen: Wo der Bund mit seinen Grundstücken Probleme lösen könne, werde er das auch tun.
  • Das ist neu - bislang wachte der Bund eisern über seine Grundstücke.

Von Mike Szymanski, Berlin

Es ist nicht gerade der bescheidenste Ort, den Christoph Krupp gewählt hat, um über günstige Wohnungen zu reden: das Kronprinzenpalais in Berlin. Ein verschwenderischer Prachtbau an der Straße Unter den Linden. Krupp, 59 Jahre alt, will damit aber nicht angeben. Das Palais gehört nun einmal der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, der Bima. Deren Vorstandssprecher ist Krupp seit Monatsanfang. Die Bima verwaltet die bundeseigenen Liegenschaften, das Kronprinzenpalais ist eine von knapp 20 000. In einem Seitenflügel hat die Anstalt mit Hauptsitz in Bonn ein paar bescheidene Büroräume.

Von draußen dringt Baulärm ins Zimmer. Die Fenster lässt Krupp trotzdem geöffnet. Gerade so, als wäre der Krach Musik in seinen Ohren. Krupps Erfolg wird sich tatsächlich einmal daran messen lassen müssen, wie viele Baukräne sich gedreht haben in seiner Zeit an der Spitze der Bima. Wohnungsknappheit ist eines der drängenden Probleme der Zeit. Natürlich steht die Frage im Raum, was der Bund beitragen kann, um es zu lösen.

In dieser Woche hat eine Bemerkung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) aufhorchen lassen: Der Bund könne zwar mit seinen Grundstücken nicht alle Probleme lösen, sagte Scholz. Aber wo er dies könne, da werde er das auch tun. Das war sozusagen der Arbeitsauftrag an Krupp und die Bima, die neben den Grundstücken auch noch als Vermieterin von etwa 36 000 Wohnungen auftritt. Krupp soll nun möglich machen, was geht.

Es geht um "alle entbehrlichen Liegenschaften"

Den gesetzlichen Rahmen hat der Bundestag kürzlich ausgeweitet. Einer neuen Richtlinie zufolge kann die Bima künftig "alle entbehrlichen Liegenschaften" verbilligt und - unter Umständen sogar gratis - an Kommunen abgeben. "Als Bima wollen wir Partner der Kommunen sein", sagt Krupp. "Wir sind gerne bereit, mit ihnen über unsere Grundstücke zu reden."

Das sind ganz neue Töne. Wenn Kommunen Grund vom Bund haben wollten, dann war die Bima aus Sicht vieler Kommunalpolitiker so etwas wie die Endgegnerin in einem Computerspiel. Nach einem Weg voller Hindernisse hat zum Schluss die Bima niedergerungen werden müssen. Unter Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hielt die Bima eher die Hand auf die Liegenschaften. Der Städtetag beklagte, der Anstalt gehe es darum, Gewinne zu maximieren.

Auf Schäuble folgte Scholz. Und dieser Politiker hat mit Christoph Krupp einen engen Vertrauten an der Bima-Spitze, der die gleichen Ziele wie er verfolgt: "Auf Grundstücken, die heute noch der Bima gehören, können kommunale Wohnungsunternehmen, freie Wohnungsunternehmen und die Bima selbst in den nächsten fünf Jahren zusammen einige Zehntausend Wohnungen bauen", kündigt Krupp jetzt an.

Scholz und Krupp kennen sich seit 1998. Beide waren in der Hamburger Lokalpolitik aktiv. Scholz war Kreisvorsitzender der SPD in Altona, Krupp war Kreisvorsitzender der SPD in Bergedorf und später dort Bezirksamtsleiter. Als Scholz 2011 Erster Bürgermeister in Hamburg wurde, holte er Krupp als Chef der Senatskanzlei zu sich. Damals startete Scholz auch sein Wohnungsbauprogramm für Hamburg. Zunächst 6000, später dann 10 000 Wohnungen pro Jahr sollten neu entstehen. Nun versucht Scholz auf Bundesebene das Problem der Wohnungsknappheit in den Griff zu bekommen.

Auf den Grundstücken sollen die Preise unter der örtlichen Vergleichsmiete liegen

Von den knapp 20 000 Liegenschaften des Bundes gelten 5000 als "entbehrlich". Wo überall tatsächlich Wohnungen gebaut werden können, muss jetzt geprüft werden. Wo die Bima baut, sollen die Preise aber "möglichst unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen", wie Krupp ausführt. Auch was den Verkauf der Grundstücke angeht, hat Krupp eine klare Botschaft: "Wir verkaufen nicht meistbietend, wenn wir im Wohnungsbau die Alternative haben, Wohnungen zu bauen, die sich die Leute auch langfristig leisten können.

Da leiste ich lieber meinen Beitrag zum bezahlbaren Wohnen", sagt Krupp. "Für Wohlstand und Wachstum in Deutschland ist das der bessere Weg, als kurzfristig auf den besten Preis zu setzen." In den Ballungsräumen hält Krupp die Preise für "künstlich überhöht". Aus seiner Sicht wäre es ein Fehler, mit den bundeseigenen Grundstücken auf diesem "Hochpreisniveau" einzusteigen und diese Entwicklung sogar noch zu befördern.

Wozu das führen kann, konnte er in Hamburg studieren. "Fast die Hälfte der Bürger hat dort ein Einkommen, das zum Bezug einer Sozialwohnung berechtigt. Es kann aber doch nicht sein, dass der Staat für die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger das Wohnen subventionieren muss."

Krupp ist davon überzeugt, stärker in die industrielle Fertigung von Wohnungen einsteigen zu müssen. Fertige Grundrisse, einmal genehmigte Bautypen - das spart Zeit bei der Genehmigung. "Es geht nicht um die Platte, es geht nicht darum, billig zu bauen. Es geht darum, Prozesse zu optimieren", sagt er. Es sei aber auch eine Frage, ob anderes, individuelleres Bauen, überhaupt noch möglich ist angesichts des Fachkräftemangels auf dem Bau und des gestiegenen Bedarfs. "Kriegt die Wirtschaft das hin, ohne einen Teil der Wohnungen in Serienfertigung zu bauen? Autos könnten wir in der Stückzahl nicht ohne Industrialisierung bauen", sagt er. In Hamburg hätte er damit schon gute Erfahrungen gemacht.

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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