Der Vertrag von Danièle Nouy, 68, Chefin der EZB-Bankenaufsicht, läuft zum Jahresende aus. Im Kurzinterview berichtet die Französin, welche Erfahrungen sie in den vergangenen vier Jahren gemacht hat.
SZ: Frau Nouy, wie war das Arbeitsklima im obersten Aufsichtsgremium mit Vertretern aus 19 Euro-Staaten?
Nouy: Die meisten Mitglieder des Aufsichtsgremiums kannte ich schon, bevor ich dessen Vorsitz übernahm. Wir waren uns verschiedentlich begegnet, etwa beim Basler Ausschuss für Bankenaufsicht. Wir sind wie eine große Familie. Doch als die EZB die Bankenaufsicht übernahm, zeigte sich, dass wir unterschiedlicher waren, als ich gedacht hatte. Wir kleideten uns zwar gleich, sprachen dieselbe Sprache und saßen am selben Tisch. Doch was die Umsetzung der EU-Richtlinien und die Strenge der Aufsicht betraf, herrschten gewaltige Unterschiede. Das überraschte mich sehr.
Wie haben Sie reagiert?
Um diese Unterschiede zu überwinden, erinnerte ich meine Kollegen immer wieder daran, dass wir die besten Aufsichtspraktiken übernehmen müssen, ganz gleich, woher sie kommen. Niemand hatte vor der Finanzkrise alles richtig gemacht, also mussten wir voneinander lernen. Davon versuchte ich sie zu überzeugen, und das funktionierte ziemlich gut.
Wer hat bei der EZB-Bankenaufsicht eigentlich das Sagen? Vize-Chefin Sabine Lautenschläger oder Sie?
Sabine Lautenschläger und ich sind gleichberechtigt. Sie als stellvertretende Vorsitzende gehört auch dem Direktorium der EZB und dem EZB-Rat an, während ich die EZB-Bankenaufsicht leite. Wir fühlen uns jedoch nicht als Konkurrentinnen. Sabine fungiert als Brücke zwischen der Aufsicht und dem EZB-Rat. Es wäre zu begrüßen, wenn unsere Nachfolger oder Nachfolgerinnen ebenso gut miteinander auskämen. Doch falls nicht: Die Institution ist robust genug, um ihre Aufgaben zu erfüllen.