Banken:Die Hypothek des Hoffnungsträgers

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Anrüchige Geschäfte in Panama? Berenberg-Chef Hans-Walter Peters startet als Bankenverbandspräsident im Verteidigungsmodus. (Foto: Berenberg)

Hans-Walter Peters tritt an die Spitze des Bankenverbands, jetzt erschüttert die Panama-Affäre die Berenberg Bank.

Von Heinz-Roger Dohms, Hamburg

Keine Nebenkriegsschauplätze. Das war, was sich der Bundesverband der deutschen Banken zuallererst von Hans-Walter Peters erhofft hatte, jenem Mann, der am Montag neuer BdB-Präsident wird. Zur Erinnerung: Auf Michael Kemmer, dem früheren Münchner Landesbanker, lastete noch das BayernLB-Verfahren, als er 2010 zum Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands aufstieg. Und was Jürgen Fitschen, den nun scheidenden Präsidenten, betrifft: Den musste sich der BdB bekanntlich nicht nur mit der Deutschen Bank, sondern - Stichwort "Kirch-Prozess" - auch mit dem Münchner Landgericht teilen.

Von Peters versprach sich der Bankenverband Ruhe. Dann kamen die Panama Papers

Peters dagegen, der persönlich haftende Gesellschafter der altehrwürdigen Hamburger Privatbank Berenberg? Diese Personalie versprach Ruhe. Endlich wieder. Doch dann kamen die Panama Papers. Und wie man seit Beginn dieser Woche weiß, spielt ausgerechnet die Berenberg-Bank eine unrühmliche Rolle in der Affäre. Zwar nutzten auch viele andere deutsche Institute den Service des Offshore-Dienstleisters Mossack Fonseca. Die Verbindung zu Berenberg war aber offenbar besonders eng. Insgesamt stellte die Schweiz-Tochter der Bank mindestens 76 Konten für Offshore-Firmen bereit. Zu den Klienten zählten US-Millionäre, ein ehemaliger kanadischer Profiboxer oder russische Geschäftsleute.

"Briefkastenfirmen mögen anrüchig sein, doch sie sind weder verboten noch prinzipiell illegitim." Dieses Statement hat der Bankenverband diese Woche über seinen Newsletter versendet. Das war auch als starke Rückendeckung für den neuen Chef gedacht, heißt es. Es las sich aber nicht wirklich so, sondern bekräftigte eher den Eindruck, den manche in der Bankenszene ohnehin haben - dass Peters sein Amt als "Lame Duck" antritt, als lahme Ente. Manche Politiker sehen den Verband auch als Ganzes geschwächt. So weist der grüne Europaparlamentarier Sven Giegold darauf hin, "dass nicht nur die Bank des künftigen Präsidenten, sondern auch die Institute seiner beiden Vorgänger auf der Panama-Liste stehen, genauso wie die BayernLB, für die Herr Kemmer früher tätig war." Sein Schluss: "Beim BdB haben offenbar die Institute den größten Einfluss, die am aggressivsten zu Werke gehen."

Aus Sicht von Peters ist das alles bitter, nicht nur, weil der Aufstieg zum formal wichtigsten deutschen Bankenlobbyisten für ihn die Krönung einer durchaus imposanten Karriere bedeuten sollte. Aus der einst verschlafenen Berenberg-Bank hat Peters ein Investmenthaus angelsächsischen Typs geformt, die Zahlen waren zuletzt spektakulär. Bei unglaublichen 67 Prozent lag die Eigenkapitalrendite im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: Im Schnitt kam die Bankenbranche zuletzt auf etwa zwei Prozent.

Natürlich: Bei einer Bank, die solch exorbitante Profite erwirtschaftet, darf man getrost davon ausgehen, dass sie überaus aggressiv zu Werke geht und auch mal Geschäfte macht, die anderen zu heikel sind. Aber anrüchig? "Alle unsere Aktivitäten erfolgen auf Grundlage der gesetzlichen Anforderungen, das zeigen interne und externe Untersuchungen", sagt er. Und was die Frage betrifft, ob die Panama-Geschäfte nicht nur legal, sondern auch legitim waren, sagt er, unabdingbar seien "volle Transparenz über die Geschäftspartner und die Herkunft der verwalteten Vermögen." Beides sei bei Berenberg gegeben.

Auch jenseits von Panama tritt Peters kein einfaches Amt an. Das Wort "BankenLobbyist" mag nach geheimer Machtfülle klingen, in Wirklichkeit jedoch ist der Einfluss des BdB in den vergangenen Jahren gesunken. Hintergrund: Bis in die frühen Nullerjahre hinein war die Bankengesetzgebung eine vornehmlich nationale Angelegenheit. Wenn im Finanzministerium am "KWG" geschraubt wurde, also dem Kreditwesengesetz, dann flossen die Wünsche des BdB gern mal ungefiltert in die Gesetzgebung ein, erzählen Leute, die den Verband lange kennen. Spätestens seit der Finanzkrise ist das anders.

Das hat zum einen mit der unveränderten Legitimationskrise der Branche zu tun. Hinzu kommt zum anderen aber, dass die großen Regulierungskonvolute wie "Basel 3" heutzutage auf G-7- oder G-20-Ebene ersonnen werden. Ein globaler Fachausschuss namens "Baseler Komitee" formuliert die Vorschläge dann aus, bevor sie in Brüssel in EU-Gesetze gegossen werden. In Deutschland wird das, was aus der EU-Hauptstadt kommt, dann meist nur noch umgesetzt. Natürlich hat der BdB darauf reagiert und viele seiner Aktivitäten nach Brüssel verlegt. Sein Einfluss ist aber nicht mehr so unmittelbar wie früher - und selbst wohlmeinende Verbandskenner bezweifeln, dass dies besser wird, wenn dort künftig statt des Deutsche-Bank-Schwergewichts Fitschen der außerhalb Hamburgs eher unbekannte Peters auftritt.

Regulierung wird international ausgehandelt. Dadurch sinkt der Einfluss der deutschen Lobbyisten

Hinzu kommt die innere Struktur des BdB, dem insgesamt fast 200 Institute angehören, von den Großbanken bis hin zu kleinen Regionalhäusern. Das alte Kreditwesengesetz betraf die BdB-Banken praktisch alle gleichermaßen - entsprechend homogen war die Interessenlage. Inzwischen unterliegen die sogenannten systemrelevanten Institute wie die Deutsche Bank oder die Commerzbank aber zum Teil ganz anderen Anforderungen als die Kleinbanken. Entsprechend betreiben die großen Häuser längst eigene intensive Lobbyarbeit, suchen sich bei bestimmten Themen auch mal europäische Allianzen außerhalb des BdB. Und: Daneben haben Sparkassen und Genossenschaftsbanken ja auch noch ihre eigenen Verbände. Das ist zum Bespiel in der Versicherungswirtschaft ganz anders. Dort spricht der GdV für die gesamte Branche.

Natürlicherweise würde man in Peters im Gegensatz zu Fitschen in erster Linie einen Repräsentanten der kleineren Banken vermuten; doch ausgerechnet aus dieser Ecke wurde in den vergangenen Tagen gegen Peters gewettert, weil andere Privatbankiers fürchten, dass die Panama-Affäre auf sie abfärben könnte. Der neue BdB-Chef dürfte sich darum erst einmal auf jene Themen stürzen, die unter wirklich allen Bankengruppen mehrheitsfähig sind. Dazu gehört vor allem das Ziel, die Regulierung irgendwie erträglicher zu machen. Einen Vorteil könnte Peters dabei haben: Seine Bank spürt die existenziellen Probleme der Branche kaum - er wird also kaum in den Ruch geraten, eigennützige Lobby-Arbeit zu betreiben. Vielleicht trägt diese Unabhängigkeit ja dazu bei, den Verband aus seiner Lähmung zu befreien.

© SZ vom 08.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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