Bahnstreik:Biedenkopf und Geißler vermitteln

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Die Lokführergewerkschaft GDL wird während der Vermittlung nicht streiken. Man hoffe, dass es schon in der kommenden Woche erste Gespräche gebe.

Detlef Esslinger und Heribert Prantl

Der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) und der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler sollen im Tarifkonflikt der Bahn vermitteln.

Soll mit Kurt Biedenkopf den Streit zwischen Bahn und Gewerkschaft schlichten: Heiner Geißler (Foto: Foto: dpa)

Die Gewerkschaft GDL teilte daraufhin mit, dass die Streiks ab sofort für die Dauer der Gespräche ausgesetzt würden. Ein zweistündiger Streik bei den S-Bahnen in Hamburg und Berlin führte am Donnerstagmorgen zu zahlreichen Ausfällen. Lahmgelegt wurde der S-Bahnverkehr jedoch nicht.

Zuvor war Geißler von der GDL, Biedenkopf von der Bahn als Vermittler vorgeschlagen worden. Beide Seiten wollten zunächst ihren jeweiligen Kandidaten als alleinigen Vermittler durchsetzen, konnten sich aber auf keinen der beiden verständigen.

"Absolut integre Persönlichkeit"

GDL-Chef Manfred Schell sprach sich für Geißler aus, weil der 77-Jährige "eine absolut integre Persönlichkeit, und vor allem unparteiisch" sei. Er verwies zudem auf dessen Erfahrung in Tarifkonflikten. Geißler war unter anderem bis zum vergangenen Jahr Schlichter in der Baubranche.

Die Bahn favorisierte den früheren Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf, der bereits 2003 und 2006 bei der Bahn geschlichtet hatte. Der GDL-Chef wollte sich aber dessen alleiniger Verhandlungsführung nicht anvertrauen.

Die Gewerkschaft hatte bereits im Konflikt 2003 um einen eigenen Tarifvertrag für die Lokführer gekämpft. Biedenkopf hatte diese Forderung jedoch nicht in seinen Schlichterspruch aufgenommen.

Vermittlerrolle

Diesmal wird die Aufgabe ohnehin eine andere sein: Biedenkopf wie Geißler sollen nur als Vermittler agieren, die beide Seiten zunächst wieder zu Gesprächen zusammenbringen. Geißler sagte der Süddeutschen Zeitung, Ziel der Verhandlungen werde sein, "das notwendige Mindestmaß an Vertrauen zwischen Unternehmen und Belegschaft wieder herzustellen".

Ohne dieses Vertrauen könne das wichtigste Transportunternehmen der Republik nicht florieren. "Es geht um eine Befriedung", sagte er. Ein Schlichtungsabkommen war von der GDL im Mai 2006 gekündigt worden. An einer neuen Vereinbarung hat sie kein Interesse, weil sie bei einer Schlichtung sofort friedenspflichtig wäre.

Am Donnerstag wollte die GDL eigentlich mit ihrem unbefristeten Streik im Güterverkehr beginnen. Nachdem die Arbeitsgerichte Nürnberg und Chemnitz Streiks jedoch am Mittwoch untersagt hatten, musste sie sich am Donnerstag auf die S-Bahnen in Berlin und Hamburg beschränken.

Hälfte der Züge fiel aus

Dort werden die S-Bahnen von anderen Tochter-Unternehmen der Bahn betrieben als von jenen, die vor die Gerichte gezogen waren. Die Arbeitsniederlegungen zwischen acht und zehn Uhr führten in Hamburg dazu, dass zeitweise die Hälfte der Züge ausfiel. In Berlin gab es zahlreiche Ausfälle vor allem in den inneren Bezirken.

Die GDL will gegen beide einstweiligen Verfügungen vorgehen. In Nürnberg berät das Arbeitsgericht bereits an diesem Freitag über ihren Einspruch. Da die Verhandlung jedoch von derselben Richterin geleitet wird, die am Mittwoch die Verfügung erließ, werden dem Einspruch wenig Chancen eingeräumt. Die GDL würde dann Berufung vor dem Landesarbeitsgericht einlegen.

Durch die Verfügung sah sich auch der DGB gezwungen, der GDL - die ihm nicht angehört - zumindest indirekt beizuspringen. Beim DGB wird der Streik als egoistischer Versuch von GDL-Chef Schell gesehen, sich ein Denkmal zu setzen.

"Geradezu gefährlich"

Weil das Nürnberger Arbeitsgericht die Streiks mit der Begründung verbot, sie könnten "in der Hauptreisezeit zu immensen wirtschaftlichen Schäden" führen, sah sich DGB-Chef Michael Sommer veranlasst, das Streikrecht grundsätzlich zu verteidigen. Die Begründung sei "geradezu gefährlich".

Es sei doch der Sinn von Streiks, ökonomischen Druck auf Arbeitgeber auszuüben. Die Gewerkschaften würden das verfassungsrechtlich garantierte Streikrecht "mit allen Mitteln gegen jeden verteidigen, der es einschränken will", sagte Sommer.

Schell zeigte sich kompromissbereit, was die Auseinandersetzung um Lohnerhöhungen betrifft. Die geforderten 31Prozent seien "eine Zahl, die nie in Erfüllung gehen wird", sagte er dem Fernsehsender N24: "Niemand unserer Mitglieder rechnet damit, dass wir 31 Prozent erzielen werden." Er wolle einen eigenen Tarifvertrag, alles andere sei verhandelbar.

© SZ vom 10.08.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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